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Rise Against – Wolves

Es gibt Bands, die hat man ständig auf dem Schirm. Gerade, wenn man, wie ich, ständig in der Metalcore-Szene unterwegs ist und diverse Musikmagazine Großbritanniens (ich glaube, mittlerweile muss ich nicht mehr erwähnen, welche), abonniert hat. Und dann gibt es da Bands, die kommen einem erst auf den Radar wegen Mr. US-President persönlich: Donald J. Trump. Vor ein paar Wochen habe ich im Internet eine Mitteilung gefunden, dass RISE AGAINST ihren Videodreh zu „The Violence“ nicht genehmigt bekommen haben, weil er zu sehr „anti-Regierung“ sei. Da wurde ich neugierig. Neue Videos heißen meistens neues Album. Und ich sollte recht behalten, denn mit Wolves erschien genau dieses am 9. Juni.

Gleich der Opener und Titeltrack erinnert mich an eine der ersten Bands, die wir auf New Rock Reviews tatsächlich zugeschickt bekommen haben: MAX RAPTOR. Treibender Rhythmus, viel Power, cooles Riffing und ein eingänger Chorus; was willst du mehr von einem ersten Song? Dafür, dass ich die Band vorher nie verfolgt habe (shame on me), finde ich das schon ziemlich gut. „House on Fire“ geht in typischer Skate-Punk-Manier weiter, wie ich es schon letztes Jahr von IGNITE gehört habe. Da sieht man dann doch, wo die vier Amis musikalisch herkommen. An sich zwar nichts neues, aber das ist in dieser Szene wohl auch nicht wirklich nötig. Hauptsache man hat Bock auf skaten und rocken.

Der „verbotene“ Song „The Violence“ beginnt eben so treibend und cool. Da gerade eh Sommer ist, könnte ich mich doch eigentlich auch gleich an den nächsten See zum rocken setzen. Lust darauf macht der Song musikalisch, auch wenn er textlich natürlich tatsächlich „anti-Regierung“ ist, denn ständig wird gefragt, ob wir nicht gut und mutig genug sind, uns gegen bestehende Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen. Klar, dass Mr. Trump da Angst bekommt. Und dann folgt mit „Welcome to the Breakdown“ der erste absolute Hit. Richtig gut zum moshen (irgendwo in meiner Fantasie zerschellt gerade ein Bierglas an der Wand) eignet sich der Refrain, der so etwas wie einen Breakdown a la Skate-Punk darstellt. Eine richtig coole Nummer.

Fast nahtlos schließt sich auch „Far From Perfect“ an. Ähnlich viel Tempo, ähnliches Feeling, teilweise ein leichter Pop-Punk-Touch, aber verdammt geht der Refrain ins Ohr. Der wird so schnell wohl nicht mehr vergessen werden. Besonders die Texte gefallen mir bisher. Wenn es um die Szene geht, bin ich ja generell eher in der politischen Ecke zu finden und zu diesem Thema scheinen RISE AGAINST mehr als genug mitteilen zu wollen. Wer denkt, jetzt müsste doch mal langsam was zum Verschnaufen kommen, wird wohl gleich in Tränen ausbrechen müssen. Denn auch wenn „Bullshit“ mit seiner leicht reggae-angehauchten Strophe etwas Luft holen lässt, kann man die gerade gefüllten Lungen gleich im Chorus wieder leer brüllen. Ein weiterer Hörtipp.

So, und jetzt tatsächlich kurz Luft holen. „Politics of Love“ ist etwas ruhiger, wenn auch nicht weniger überzeugend und catchy. Wieder bleibt der Refrain im Ohr wie ein mit voller Wucht krumm in die Wand geschlagener Nagel in eben dieser (wenn auch bei weitem weniger ärgerlich). Bisher haben mich RISE AGAINST echt am Haken. „Parts Per Million“ haut dann auch schon erneut mit voller Wucht rein. Kurz durchschnaufen reicht ja auch, oder? Wieder sehr catchy, wieder sehr viel Energie, wieder sehr viel Kopfschmerz vom Headbangen. Aber ein cooler Titel.

Ich denke mal, dass ich bei einem Titel wie „Mourning in Amerika“ nicht viel zur politischen Aussage sagen muss. Also bleib ich bei der Musik. Die Strophe überzeugt mich zwar nicht so, aber die 4 Jungs aus Chicago wissen, wie man Hooks schreibt; und die bekommt man im Refrain mehr als genug. Wenn mich einer nach einem Song fragen würde, den ich von Wolves empfehlen sollte ohne vielleicht die groß promoteten Dinger zu nennen, würde ich diesen nehmen. „How Many Walls“ ist ein typisch rockiger Song. Schon das Intro-Riff ist ziemlich cool, die verzögerten Beats in der Strophe, das abgedämpfte Riffing … dazu der Text: „How many walls can you burn?“ (dt. „Wie viele Mauern kann man niederbrennen?“). Da wird eindeutig klar, was die Band im Sinn hat. Das ist eindeutig einer meiner Lieblingssongs auf dem Album.

Mit „Miracle“ scheint es genauso rockig weiterzugehen, auch wenn langsam die Abwechslung fehlt. Zwar sind die Songs alle cool, treibend und laden zum Moshen ein, aber der ein oder andere Wechsel wäre langsam gar nicht so verkehrt. Wird aber wohl nicht mehr passieren, denn die Szene gibt es einfach musikalisch nicht her. „Megaphone“ beginnt dann irreführend ruhig, bevor es fast sofort in einen typischen hart-punkrockigen Chorus geht, den ich von IGNITE, PENNYWISE und Co. nicht anders erwarten würde. Geht musikalisch als auch textlich wieder gut ins Ohr.

Und wer jetzt noch genug Energie hat: „Broadcast[Signal]Frequency“ kommt ja auch noch. Der nimmt dir dann echt den letzten Rest an Power. Wer nach dem Song nicht schwitzt und heiser ist, hat was falsch gemacht. Wahrscheinlich angefangen damit, sich das falsche Review durchzulesen. Aber zum Glück gibt’s das Fazit, um sich nochmal zu vergewissern.

Fazit: Ein verdammt solides szenetypisches Skate-Punk-Album. Wer hier auf Abwechslung hofft, wird das vergeblich tun. Wer aber gern rockt, mosht, feiert und Biergläser gegen Wände wirft, während er anderen mit um sich schlagenden Armen die Zähne ausschlägt (natürlich alles aus Versehen), der wird hier seinen Spaß haben. Persönlich kann ich Wolves sehr empfehlen, auch wenn ich bei Konzerten wohl eher hinten bleiben würde.

Bewertung: 8 von 10 Punkten

Hörtipps: Wolves, Welcome to the Breakdown, Bullshit, Mourning in Amerika, How Many Walls, Broadcast[Signal]Frequency

Tracklist:

  1. Wolves
  2. House on Fire
  3. The Violence
  4. Welcome to the Breakdown
  5. Far From Perfect
  6. Bullshit
  7. Politics of Love
  8. Parts Per Million
  9. Mourning in Amerika
  10. How Many Walls
  11. Miracle
  12. Megaphone
  13. Broadcast[Signal]Frequency

Besetzung:

Vocals, Rhythmusgitarre: Tim McIlrath

Leadgitarre, Backings: Zach Blair

Bass, Backings: Joe Principe

Schlagzeug: Brandon Barnes

 

Info:

Musikrichtung: Melodic Hardcore, Skate Punk

VÖ-Datum: 09.06.2017

Label: Virgin Records

Herkunft: USA

Facebook: RISE AGAINST auf Facebook

Website: http://www.riseagainst.com/

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Ignite – A War Against You

IGNITE sind in den letzten Jahren nicht wirklich bekannt dafür gewesen, oft Alben zu veröffentlichen. Aus diesem Grund war es umso erstaunlicher, mal wieder einen Release zu bemerken. Vielleicht hat es auch deshalb so lang gedauert, bis ich darauf aufmerksam geworden bin. Jedenfalls liegt das Veröffentlichungsdatum für A War Against You im Januar (der achte, um genau zu sein). Na ja, ein Review muss es aus meiner Sicht trotzdem geben, wenn auch in diesem Fall ganze 10 Monate zu spät.

Gleich der erste Song macht deutlich: IGNITE haben nichts, aber auch gar nichts verlernt. „Begin Again“ startet mit einem kurzen a capella, bevor die Wucht der Gitarren einem sofort die Mütze vom Kopf pustet. Natürlich bewegen wir uns hier bandüblich im Skate Punk (oder auch Melodic-Hardcore genannt). Besonders die Texte machen mir immer wieder Spaß. Melodischer Gesang und motivierende Texte, was will man von einem Opener in dieser Musikrichtung mehr erwarten? Und wie war das nochmal mit der Motivation? Wenn man einmal im Flow ist, dann kann einen nichts mehr aufhalten. Diese Message wird bei „Nothing Can Stop Me“ sowohl textlich als auch musikalisch deutlich rübergebracht. Ein Song mit Power, der einem fast keine Chance zum durchatmen lässt. Einer meiner absoluten Favoriten. Skate Punk at its best.

„This is a War“ beginnt mit ziemlichen Heavy-Gitarren. Die Strophe trägt allerdings fast durchgängig der Bass. Beim Refrain kommt man wieder aus dem imaginären Moshen nicht mehr raus. Das ist ein Anfang, den ich so bei fast noch keinem Album besser gehört habe. Selbst die guten alten PENNYWISE, für die IGNITE-Sänger Zoltán Teglás ja kurze Zeit gesungen und sogar 2012 das Album All or Nothing eingesungen hatte, bekommen hier wahrscheinlich ein paar Schweißperlen auf der Stirn. Mit „Oh No, Not Again“ fährt die Band zum ersten Mal das Tempo etwas runter. Textlich handelt es sich hier um einen absoluten Anti-Kriegs-Song und darum, wie speziell die westlichen Länder immer wieder Gründe finden, andere Länder zu bekriegen und es der Gesellschaft zu verkaufen. Besonders die Textzeile „If this is liberation then we’re all insane“ ist mehr als überzeugend.

Wie schon beim aktuellen A DAY TO REMEMBER-Album, das wir letzte Woche rezensiert haben, gibt es natürlich auch hier einen Song für die klassischen Teenie-Komödien-Anfangssequenzen. Dieser bietet sich mit „Alive“ vollkommen logisch an. Vom Songwriting her ändert sich zu den Vorgängern nicht viel, was allerdings auch nicht großartig zu erwarten war. Ein Song zum Durchatmen und dahinplätschern lassen. Ganz geeignet, denn mit „You Saved Me“ geht es wieder mit Vollgas weiter. Hier finde ich besonders die Gitarrenriffs in der Strophe und die absolut geniale Rhythmusarbeit im Chorus vollkommen gelungen. Überhaupt der Chorus: Wer hier nicht mitsingt ist entweder stumm oder zu heiser um die richtigen Töne zu treffen. Absolute Hörempfehlung meinerseits.

„Rise Up“ beinhaltet einen der für mich absoluten textlichen Höhepunkte. Der Song überzeigt instrumental vollkommen, der Text setzt ihm die Krone auf. Hier geht es speziell darum in negativen Situationen nicht aufzugeben, sondern daran zu wachsen. Eine Lebensweisheit, die sich alle deutlich zu Herzen nehmen sollten. „The moment will come through the darkest of times“. Einfach top. Mit „Where I’m From“ wird es, man ahnt es vielleicht am Titel, sehr autobiografisch. Musikalisch überzeugt mich der Titel zwar ganz gut, textlich allerdings finde ich ihn nicht so pralle, auch wenn es um das Migrantenleben in den USA geht. Gerade nach der Bombe, die mit „Rise Up“ geplatzt war, lässt der Text hier ein wenig zu Wünschen übrig.

Das verbessert sich mit „The Suffering“ wieder. Gesellschaftskritik ist ja bei IGNITE nichts Neues, deshalb auch nichts Verwunderliches, wenn es hier ein Statement gegen Hass und Gleichgültigkeit gibt. Die Nummer ist wieder stark melodisch, wie man es von den anderen Songs bereits gewohnt ist, jedoch mit wenig über zwei Minuten stark eingekürzt. „How is This Progress“ ist wiederum für mich linksversifften Gutmenschen (Achtung: Selbstironie) einer der textlich stärksten Titel der Platte. Hier kommt das böse K-Wort zum Einsatz: Kapitalismuskritik. Es geht um die nicht enden wollende Umweltverschmutzung, Ölförderung und Überfischung der Ozeane zu Gunsten des Profits (einen schönen Gruß an Nestlé und Konsorten). Letzteres zeichnet IGNITE ja auch in ihrem Engagement für die Non-Profit-Organisation Sea Shepherd aus.

Man kann sich nicht helfen, aber irgendwie scheint es bei „You Lie“ um gewisse amerikanische Präsidentschaftskandidaten zu gehen. Wobei, was heißt „gewisse“? Wohl eher um beide. „You Lie, I see it in your face, you lie, I’ll never know your place“. Ziemlich treffend. Untermalt wird das Ganze mit einem sehr agressiven musikalischen Ton, der am Ende mit einem einfachen Akkord abschließt und wohl das Ende der Welt darstellen könnte. Ich find’s super. „Descend“ beginnt etwas ruhiger und man wartet schon ein wenig auf ein balladeskeres Unternehmen, jedoch wird man recht schnell mit heftigen Drums wach gerüttelt. Das Kopfnicken hört ja schon seit Längerem nicht mehr auf (sei es wegen der Musik oder wegen der Texte oder, mein Gott, vielleicht sogar beidem) und kann auch hier getrost fortgesetzt werden.

Balladesk, balladesk, da war doch was: Ah ja: „Work“. Auch wenn der Song elektrisch ist, wirkt er durch das fehlende Schlagzeug und den gepickten Refrain doch weitaus ruhiger als alles anderes was vorher auf der Platte geschah. Und ja, selbst eine Akkustikgitarre soll darin vorkommen. Boah. Krass. Auf die Lyrics brauche ich, glaube ich, nicht besonders eingehen. Wer das Review bis hierher gelesen hat, kann sich wahrscheinlich denken, dass ich den Aussagen Teglás‘ nicht abgeneigt bin. Allerdings kann ich nicht für den Hidden Track bürgen. Ja, es gibt einen Hidden Track. Wobei er für mich als LP-Besitzer nicht wirklich „hidden“ war. Aber gut. Es handelt sich musikalisch noch einmal um „Where I’m From“, aber, wie passend, in der Muttersprache des Sängers: Ungarisch. Da hören meine Sprachkenntnisse, genauso wie die Platte, leider auf, sorry.

Fazit: Heavy, melodiös, kraftvoll und voller Hooks, sodass das Hirn gar nicht mehr weiß, mit welchem Song es am nächsten Tag aufwachen will. Weil die alle gut sind. Alle. Zwar kann man hier und da ein paar Abstriche machen, aber ohne Mist, ich bin schon mit jedem Song im Ohr aufgewacht. Sogar mit der ungarischen Version von „Where I’m From“. Mann, war das verwirrend.

Bewertung: 9 von 10 Punkten

Hörtipps: „Nothing Can Stop Me“, „This is a War“, „You Saved Me“, „Rise Up“, „How is This Progress?“

Tracklist:

  1. Begin Again
  2. Nothing Can Stop Me
  3. This is a War
  4. Oh No, Not Again
  5. Alive
  6. You Saved Me
  7. Rise Up
  8. Where I’m From
  9. The Suffering
  10. How Is This Progress?
  11. You Lie
  12. Descend
  13. Work

Besetzung:

Gesang: Zoltán Teglás

Gitarre: Brian Balchack

Gitarre: Kevin Kilkenny

Bass: Brett Rasmussen

Drums: Craig Anderson

 

Musikrichtung: Melodic Hardcore / Skate Punk

VÖ-Datum: 08.01.2016

Label: Century Media

Herkunft: USA

Facebook: www.facebook.com/igniteband/

Website: www.igniteband.com