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Musik

LP-Review: Purson – The Circle And The Blue Door

Info
Bandname:  Purson
Albumname: The Circle And The Blue Door
Musikrichtung:  Psychedelic / Retro Rock
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Rise Above Records
Herkunft:  England
Facebook:  www.facebook.com/pursontheband

Das Debüt der Newcomer PURSON entpuppt sich als musikalische Zeitmaschine und katapultiert den Hörer in die zweite Hälfte der 1960er Jahre. Wer mit Bands wie COVEN etwas anfangen kann, zudem eine Affinität für BEATLES-Versatzstücke hat, psychedelische Klänge mag und auch kleineren Folkausflügen nicht abgeneigt ist, wird mit The Circle And The Blue Door bestens bedient. Bei aller soundtechnischen Authentizität bekommt man zusätzlich noch eine kraftvolle und sogleich warme Frauenstimme geboten. Wem bisher die Ohren angesichts dieser Verheißung noch nicht vor Vorfreude zucken, der kann sich das Lesen des Reviews ebenso gut schenken. Für alle anderen heißt es nun: Vorhang auf und hereinspaziert!

Im ersten Moment steigt man erstmal etwas benommen aus der Zeitkapsel. Der Opener „Wake up sleepy head“ gestaltet sich mit Akustikgitarre leicht folkig und wird mit Mellotron-Schwaden durchzogen. Die sanfte Stimme Rosalie Cunninghams tut ihr Übriges. Ein entspannter kleiner Song, der einem die Möglichkeit zur groben Orientierung gibt.

Da nun die Sinne wieder geschärft sind, kommt es zum nahtlosen Übergang zu „The contract“. Ein hypnotisch pulsierender Bass bildet die rote Linie an der man durch das Stück geführt wird. Im Hintergrund sorgen die betörenden Mellotron-Klangfarben für die nötige Untermalung. Wohldosiert werden Akustikgitarren eingestreut bevor es im Refrain etwas lebhafter zugeht. Als fesselndes Element agiert neben dem prägnanten Bass die fabelhafte Stimme.

„Spiderwood farm“ eröffnet mit wirbelnden Drums und knarrzigem Bass, während im Hintergrund die Orgel anschwelt und sich Wah-Wah-getränkte Gitarren der Gruppe anschließen. Treibende Passagen wechseln sich mit ruhigen ab. Tanzbar ist das aber allemal, da flattert die Schlaghose.

Jahrmarktklänge, Wasser und Möwengeschrei sind die Einleitung zu „Sailor’s wife lament“. Verträumt im ¾-Takt geht es schwebend durch das Stück. Der Gesang ist erneut sehr packend und betörend. Das Mellotron gibt feine Nuancen zur Rezeptur und der dominante Bass passt ebenso perfekt ins Bild. Hier kann man sich zurücklehnen und verzaubern lassen. Feine Sache!

Flott und rockig fällt dagegen „Leaning on a bear“ aus. Eine eingängige Nummer, die ohne Umwege zündet und wohl nicht zuletzt deswegen als Vorab-Single erwählt wurde. Melodieführendes Element ist hierbei ganz klar die Orgel. Das Schlagzeug rumpelt herrlich lebhaft und bietet den nötigen Schwung. Dieser Song fegt den Staub von der Tanzfläche, ganz klar!

Wer bisher die Lavalampe noch nicht angeknipst hat, sollte es spätesten zu „Tempest and the tide“ tun. Einer der Sorte Songs, in dessen Atmosphäre man sich verlieren kann, wenn man nicht aufpasst. (Zu dieser Art gehört für mich zum Beispiel auch „2000 light years from home“ von den ROLLING STONES.) Wunderbar verträumt und gefühlvoll arrangiert, mit Tiefe und dichten sphärischen Klangebenen. Der elfenartige Gesang und die Mellotron-Schwaden führen unweigerlich in eine andere Welt. Die Melodien lassen einen nicht so schnell wieder los. Großartig und doch irgendwie wieder viel zu schnell vorbei!

Nachdem beim Umdrehen der Platte der Kreislauf wieder in Schwung gekommen ist, passt die rockige Ausrichtung von „Mavericks and mystics“ bestens. Ein Song vom Schlage „Leaning on a bear“. Röhrende Gitarren und stampfender Beat formen sich zu einem mitreißenden Song. Geradlinig und direkt!

Packender hypnotischer Bass und die betörende Stimme wickeln den Hörer ein und das Mellotron zieht majestätisch im Hintergrund seine Kreise. Dazu gibt es noch einen ohrwurmlastigen Refrain. Sphärische Ausbrüche sowie ein schimmernder und flimmernder Gesamtsound runden „Well spoiled machine“ vollends ab. PURSON erschaffen auch bei diesem Song eine wunderbare komplexe Atmosphäre. Top!

Schwammige Gitarren legen bei „Sapphire ward“ vor und treiben diese Rocknummer voran. Über allem schwebt die sphärische Klangwolke der Tasteninstrumente. Verträumt und ergreifend wird dagegen der Refrain präsentiert und hallt weit über das Ende des Songs hinaus. Getragen wird ein Großteil des Stückes durch die berührende stimmliche Darbietung. Man lässt es sich zudem nicht nehmen, die Gitarre im Wah-Wah-Matsch geradezu zu ersticken.

Schimmernde Klänge im Walzertakt und man befindet sich mitten im Geschehen zu „Rocking horse“. Einmal mehr agiert man verträumt atmosphärisch und eingängig. Im Klanggebilde finden sich erneut Anklänge an späte BEATLES. Schon das ganze Album über haben PURSON ein gutes Gespür für authentische Stimmungen.

Einen weiteren Beweis dafür liefert „Tragic catastrophe“. Ein letztes Mal werden musikalische Traumwelten betreten, die hin und wieder durch beschwingt packende Abschnitte durchbrochen werden. Zum unbeschwerten Mitträllern lädt der Refrain ein und überzeugt mit hohem Widererkennungswert. Lediglich die La-La-La-Passagen im weiteren Verlauf hätte man sich schenken können. Zum Schluss schleppt sich das Stück sehr gleichförmig dahin, erhält aber seine interessanten Momente durch die Akzente, welche durch das Schlagzeug gesetzt werden.

Fazit:
Was für ein Einstand! Dieses Album ist wunderbar gelungen und begeistert. Egal ob man nun entspannt Relaxen oder ordentlich abzappeln will, es ist für jede Gelegenheit der passende Song dabei.
Zwar ist der Sound stellenweise etwas muffig und angestaubt, aber das macht es am Ende umso authentischer.
Besonders lobend erwähnen möchte ich auch noch mal den Gesang, denn fernab der wunderbaren Klangfarbe der Stimme, gefällt mir insbesondere die Darbietung der Gesangslinien. Diese fallen sehr interessant aus und sind kein gewohnter Einheitsbrei.
Es bleibt also nur zu hoffen, dass PURSON keine Eintagsfliege ist und uns somit auch zukünftig derart bezaubernde Alben in Aussicht gestellt werden können.


Hörtipps: „Sailor’s wife lament”, „Leaning on a bear“,„Tempest & the tide”, „Well spoiled machine”, „Sapphire ward”

Bewertung: 8 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Wake up sleepy head
02.The contract
03.Spiderwood farm
04.Sailor’s wife lament
05.Leaning on a bear
06.Tempest & the tide
07.Mavericks & mystics
08.Well spoiled machine
09.Sapphire ward
10.Rocking horse
11.Tragic catastrophe

Besetzung:
Rosalie Cunningham – Vocals, Guitars, Mellotron, Organ, Wurlitzer, Percussion
Ed Turner – Bass, Acoustic Guitar
Raphael Mura – Drums
William Cunningham – Saxophone, Jester duty

Für die Freunde der physischen Tonträger:

Natürlich ist das PURSON Debüt auch auf CD erschienen und da es sich beim Label um „Rise Above Records“ handelt dürfte auch schnell klar sein, dass es vermutlich im Laufe der Zeit alle erdenklichen Farben, Farbnuancen, Farbmischungen und was auch immer das menschliche Auge wahrnimmt, als Vinyl-Pressung erscheint.
Momentan gibt es Black Vinyl [400 lim], Red Vinyl [300 lim] und Gold Vinyl [300 lim].
Mittlerweile vergriffen dürften die Die-Hard-Editions sein (milky clear vinyl [100 lim], solid purple vinyl [200 lim] und black vinyl [100 lim]). Diese beinhalten zusätzlich zu den erstgenannten Pressungen zusätzlich ein Die-cut keyhole shaped slipcase, A2 poster, und Embroidered patch.

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Musik

LP-Review: Lingua Mortis Orchestra feat. Rage – LMO

Info
Bandname:  Lingua Mortis Orchestra feat. Rage
Albumname:  LMO
Musikrichtung:  Symphonic Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Nuclear Blast
Herkunft:  Deutschland
Facebook:  de-de.facebook.com/Linguamortisorchestra
Website:  www.rage-on.de/lmo.html

Orchester trifft Metal-Band lautet heute die Überschrift zum Review. Im Speziellen geht es um RAGE, die sich vor ein paar Jahren dazu entschlossen, ihre Bombast-Ausflüge nun unter separatem Banner zu veröffentlichen. Das erste Ergebnis hierzu liegt nun vor und hört auf den Namen LMO. Wie immer im Vorfeld solcher Veröffentlichungen geht mal wieder die Diskussion los, wer denn eigentlich mit dieser Symbiose als Erstes um die Ecke kam. Fakt ist, Lars Ulrichs Gelddruckmaschine dürfte seinerzeit den größten Profit mit wenig Aufwand aus der Sache gezogen haben. Von RAGE bekommt man keine halben Sachen vorgesetzt, somit dürfte klar sein, dass bei diesem Album mehr drin steckt als lieblos mit Streichern ergänzte Hits aus alten Tagen. Denn alle Stücke sind eigens für Orchester und Band komponiert worden. So wie sich das gehört!
Wer nun angesichts der Bezeichnung LINGUA MORTIS ORCHESTRA feat. RAGE erwartet, dass das Resultat genau so klingt, dem sei vorweg gleich gesagt, eigentlich müsste es genau andersrum benannt werden, denn das dominante Element im Gesamtsound sind RAGE und leider nicht das Orchester. Im Prinzip ähnlich wie man es bereits aus der Vergangenheit kennt, obwohl man dem Orchester stellenweise schon mehr Platz einräumt als auf älteren Veröffentlichungen. Deshalb war ich im ersten Moment leicht enttäuscht, denn ich hatte erwartet, dass man hier noch ein ganzes Stück weitergeht. Aber mit den Erwartungen ist das ja bekanntlich so eine Sache.

Der Opener „Cleansed by fire“ versprüht schon mal eine unheilvolle Atmosphäre. Der Spannungsbogen steigt und steigt mit Chören und Streichern bis letztlich die ganze Band losbricht. Gewohnter Sound, gewohnte Melodieführung. Erste Neuerung ist der Sopran von Dana Harnge, welcher diesem Stück sehr gut steht. Der Refrain kommt sehr wuchtig rüber und das Orchester hat das Zepter fest in der Hand. Die immer wiederkehrenden Chöre gefallen mir auch sehr gut. Sobald die Wucht etwas nachlässt wird sofort der Spannungsbogen wieder enger gezogen. Im Mittelteil, der sich als Instrumentalstück darstellt, dominieren RAGE jedoch das Feld. Victor Smolski brilliert natürlich wie gewohnt, aber das stand ja auch noch nie zur Debatte. Eine sichere Bank, auf die man sich zu Recht verlassen kann, sozusagen. Dieser Song überzeugt mich voll und ganz. Er ist packend und versprüht viel Dynamik. Ebenso ist das Verhältnis Band – Orchester herrlich ausgewogen. So in etwa hatte ich mir das vorgestellt.

Druckvoll prescht im Anschluss „Scapegoat“ hervor. Obwohl hier das Orchester häufig aufspielt, ist das Stück im Endeffekt doch eher eine klassische Metal-Nummer mit Orchesterbegleitung. Zudem hat man mit Hennig Basse noch einen Gastsänger auf Lager, der zwar ganz gut ins Bild passt, aber angesichts Peavy’s charismatischer Stimme eigentlich nicht notwendig ist. Dieser Song hätte auch ohne Orchester auf einer regulären RAGE-Scheibe Platz gefunden. Im Solo zaubert Victor noch ein paar satte Arpeggios aufs Griffbrett, feine Sache. Zuletzt walzt man den nicht allzu prallen Refrain noch mal etwas aus. War jetzt nicht ganz so überzeugend wie das erste Stück.

Dass RAGE bei ihren Veröffentlichungen einen recht modernen und digitalen Sound fahren, ist keine Neuigkeit, man hat sich wohl oder übel auf Grund der großen Klasse des Trios dran gewöhnt, aber gerade bei diesem Projekt hatte ich auf mehr authentische Klangkost gehofft. Das Schlagzeug hört sich gerade bei „The devil’s pride“ viel zu künstlich an, für meinen Geschmack. Der Sopran kommt noch mal gut zur Geltung und auch zusätzlicher weiblicher Klargesang ergänzt bei diesem Song das Klangspektrum. Obwohl mir die Stimme von Jeannette Marchewka nicht sonderlich zusagt, kann man sie durchgehen lassen, aber ist mir zu gewöhnlich. Über weite Strecken des Songs dominieren wieder RAGE die Kanäle. Mal mit gehörigem Druck, dann wieder etwas melodieverliebter. Auch das Stück kann dem Opener nicht das Wasser reichen, lässt sich aber dennoch ganz gut genießen.

Etwas anders sieht das jetzt bei „Lament“ aus. Eine sehr schmalzige Ballade, die es sich in meinen Ohren etwas schwer macht, Halt zu finden. Was neben dem verkitschten Refrain vor allem am schmachtenden Gesang von Jeannette Marchewka liegt. Das geht mir dann doch etwas zu weit. Jetzt stellt sich die Frage: absitzen oder doch aufstehen und die Nadel zum nächsten Stück übersetzen?

Als Nächstes wartet ein kleines Zwischenspiel namens „Oremus“. Victor schießt dabei die Gitarre mit viel Gefühl in die Stratosphäre. Das ist eher atmosphärisch und soll das Kopfkino anregen bevor es mit „Witches’ judge“ wieder amtlich weitergeht.

Die Riffs drücken und das Orchester schiebt noch zusätzlich im Hintergrund. Das groovt wie Hölle! Dann übernehmen RAGE wieder und legen noch etwas Tempo zu. Das Stück ist sehr wechselhaft gebaut und reißt einen mit. Leider kommt mir auch hier das Orchester etwas zu kurz. Die Hauptrolle spielen ganz klar RAGE. Gefällt mir aber trotzdem sehr gut. Sicher ein Garant für grandiose energiegeladene Konzertstimmung. Alles in allem aber dennoch eher ein klassischer Metal-Song.

Aufschlag Orchester. Wieder ausgewogener tönt „Eye for an eye“. Ich kann mir nicht helfen, aber der Refrain klingt eher irgendwie nach GRAVE DIGGER. Zudem ist er auch nicht sonderlich originell und wird etwas überstrapaziert. Gut passt sich erneut der Sopran ein. (Finde ich im Zusammenspiel mit Peavy’s Organ sehr gelungen) Zwischenzeitlich bekommt das Orchester etwas mehr Raum und Victor setzt wieder zu grandiosen Griffbrettabenteuern an. Unterm Strich hat das Stück zwar durchaus seine Momente, aber der Funke, der den Flächenbrand auslöst, ist es trotzdem nicht.

Zum Abschluss wird es noch mal etwas schmalzig. Ein refrainlastiges Stück mit einem weiteren gewöhnungsbedürftigen Duett. Geht zwar stark an meine Schmerzgrenze, aber nervt nicht so wie „Lament“. Was war denn da nur los? Etwas versöhnlich stimmt mich der herrlich angeproggte Part in der zweiten Hälfte, bevor er gnadenlos vom Refrain ausgelöscht wird. Schade eigentlich!

Als Bonustracks warten nun noch zwei alte Stück vom Welcome To The Other Side Album. Die ursprünglichen Spuren wurden durchs Orchester ergänzt, mehr passiert da aber auch nicht. Geht jedoch als Bonustrack völlig in Ordnung.

Fazit:
Wer die bisherigen RAGE meets Orchester-Ausflüge mochte, wird auch an LMO seine Freude haben. Ich persönlich hätte mir mehr Orchesterlastigkeit gewünscht und auch mehr Kompositionen, die etwas weiter vom Metal-Song entfernt sind. Nichtsdestotrotz kann mich LMO als RAGE-Begeisterten durchaus überzeugen, auch wenn ich nicht alle Songs gelungen finde, so hat das Album einen gewissen Reiz und vielleicht ist es nur ein Auftakt zu noch größeren ausufernden Bombast-Werken. Wünschen würde ich es mir, aber dann bitte in einer etwas organischeren Produktion und ausgewogenem Mix.
Mich würde ja im direkten Vergleich das Orchester-Album von BLIND GUARDIAN interessieren, aber da ist wohl vorerst weiter Geduld angesagt.

Hörtipps: „Cleansed by fire”, Witches’ judge“

Bewertung: 7 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Cleansed by fire
02.Scapegoat
03.The devil’s bride
04.Lament
05.Oremus
06.Witches’ judge
07.Eye for an eye
08.Afterglow
09.Straight to hell [Orchestra version] (Bonustrack)
10.One more time [Orchestra version] (Bonustrack)

Besetzung:
Peavy Wagner – Vocals, Bass
Victor Smolski – Guitars, Cello, Keyboards, Piano, Sitar
André Hilgers – Drums
Jeannette Marchewka – Vocals
Dana Harnge – Sopran
Symphony Orchestra „Orquestra Barcelona Filharmonia“
Daniel Antoli I Plaza – Conductor

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Zusätzlich zur Veröffentlichung auf Vinyl (black vinyl, transparent orange vinyl), gibt es die Standard-CD sowie die CD/DVD-Digibook-Ausgabe.

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Musik

LP-Review: Jex Thoth – Blood Moon Rise

Info
Bandname:  Jex Thoth
Albumname:  Blood Moon Rise
Musikrichtung:  Doom / Psychedelic Rock
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  I Hate Records
Herkunft:  USA
Facebook:  de-de.facebook.com/pages/Jex-Thoth-Official/360347127314661
Website:  www.jexthoth.net

Viel verraten JEX THOTH nicht über sich, man muss die Infos zur Band schon mehr oder weniger mit der Lupe suchen. Dafür spricht die Musik eine sehr eindeutige Sprache und das ist ja im Prinzip auch das, worauf es ankommt.
Bisher hat die Band um Frontfrau Jex ein Album und zwei EP’s veröffentlicht und sich damit schon eine gute Reputation erspielt. Bestens geeignet, den Namen weiter hinaus in die Welt zu tragen, ist auch ihr aktuelles Werk Blood Moon Rise.
Bei mir rotiert die Langrille schon eine ganze Weile auf dem Plattenspieler und es war längst eine Rezension überfällig. Also halte ich die Vorrede kurz und kümmere mich ums Wesentliche.

Unheilvoll verkündet „To bury“ den monoton stampfenden Albumeinstieg. Der finstere Prolog wird allein durch die elfenhafte Stimme erhellt und als wirklich wahrgenommen. Im Hintergrund entfalten sich kleine psychedelische Klangelemente und ein knarrendes Cello in der klirrend bedrohlichen Atmosphäre. Da ist man bestens eingestimmt.

Schon wesentlich liedhafter mit rotzig bleischweren Gitarren bricht „The places you walk“ aus dem Nichts hervor. Die eigenständigen Gesangsmelodien packen unweigerlich zu und halten einen fest in der Umklammerung. Verfeinert wird das geradlinige Stück mit kleinen prägnanten Licks und sphärischen Keyboardpassagen.

Das Wetter schlägt um und man sieht sich mit einer bedrohlichen Klangwolke konfrontiert. Unablässig hämmert sich der Anfang in die Ohrmuschel und erst als die Stimme einsetzt, schimmern erste Strahlen durch das Dunkel. Zähfließend ergießt sich der weitere Verlauf von „The divide“. Auch wenn der Vergleich mehr als hinkt, so erinnert mich die Gesangsdarbietung von Jex doch sehr an den einzigartigen Ian Anderson. Sie bedient sich ebenso einer eigenwilligen Gesangsweise, die mich sehr anspricht und sich zudem prima vom Einheits-Sing-Sang abgrenzt. Die Orgel schwelt im Hintergrund und nachdem die schwarze Klangwand zwischenzeitlich wieder deutlich zugezogen wirkt, schiebt sich ein verstörend klingendes Cello durch die scheinbar undurchdringliche Masse. Die Stimmung, die dieses Stück versprüht, ist einfach fesselnd, um nicht zu sagen magisch. Die Töne und Klanggebilde haben genügend Raum sich vollends entfalten zu können, typisch Doom eben.

Plötzlich erstrahlen versöhnlich warme Klänge und man hat den Eindruck, eine gemütliche und doch geheimnisvolle Klanghöhle zu betreten. Hier und da ein zarter Lichtschein, weicher Nebel zieht draußen vorbei und man bahnt sich langsamen Schrittes seinen weiteren Weg hinein „Into the sleep“. Die bezaubernde warme Stimme nimmt einen bei der Hand und geleitet weiter durch den Song, vorbei an funkelnden Keyboard- und Synthie-Elementen bis hin zum verträumten Gitarrensolo. Diese Atmosphäre fühlt sich so echt an, wunderbar umgesetzt. Das könnte von mir aus ewig so weiter gehen.

Doch schon hat man den Wohlfühlort wieder verlassen und das kleine instrumentale Zwischenspiel „And the river ran dry“ führt mit feinen unverzerrten Gitarrenklängen direkt zu „Keep your weeds“.

Dieser Song lebt wieder vom wunderbaren Gesang mit raffinierter Darbietung und starken Hooks. Minimalistische Akkorde und ein dröhnender Sound verschmelzen zu einem enorm suchtgefährdenden Gemisch. Weniger ausufernd, eher liedhaft aber deswegen nicht minder betörend. Das Arrangement ist so grandios, die Soli und Klangfarben so perfekt abgestimmt, dass man ständig an der Schwelle zur Hypnose steht. Im Augenblick des Fallens wird man im letzten Moment von der Stimme zurückgeholt oder doch nicht?

Spätestens als der Plattenspieler so herzlos ist und der Genuss dadurch gestört wird, dass nun die erste Seite rum ist, steht man leider wieder mit beiden Beinen in der Realität.

Dröhnend knarzig startet die zweite Seite mit dem kauzigen Titel „Ehjä“. Innerhalb weniger Töne wird man zurückkatapultiert in die Welt von Blood Moon Rise. Mit unvergleichlicher Eleganz schleppt sich das Stück dahin. Die Klangebenen schwellen und verweben sich untrennbar zu einer Einheit. Zwischenzeitlich lösen sich die Gitarren und winden sich im Einklang. Der Untergrund scheint sich zu öffnen, als wolle das heiße Magma des Klangbodens quellend hervorbrechen. Die Grenzen zur Dissonanz werden geschmackvoll überquert und sphärische Keyboards sinken in Zeitlupe auf das Geschehen herab. Alles wirkt harmonisch bevor eine bizarre Klangcollage das Ganze überdeckt und erstickt.

Bleischwere Riffs und schwer stampfendes Schlagzeug türmen sich auf und bilden den Beginn zu „The four of us are dying“. Schon nach wenigen Takten ist klar, dass hier wieder ein fieser Brocken bezwungen werden will. Aber ein weiteres Mal kommt einem die fabelhafte Stimme von Jex zu Hilfe. Trotzdem ein Stück, das im ersten Moment etwas sperrig rüberkommt und sicher den ein oder anderen Durchlauf brauchen wird.

Akustikgitarre, Cello und elfenhaften mehrstimmigen Gesang mit hinreißender Melodieführung bietet „Psyar“. Die Stimmung ist düster aber nicht so bleischwer wie die der Vorgänger. Das Tempo und die Rhythmik wären eigentlich zum Schunkeln bestens geeignet, aber die Ästhetik des Stückes verbietet dies natürlich gänzlich. Auch diese Atmosphäre ist nicht von dieser Welt. Ich höre so gebannt, dass ich nicht einmal blinzle. Als dann später noch das Gitarrensolo hereinbricht, hebt man noch mal richtig tief ab in die betörenden Klangwelttiefen von Blood Moon Rise. Das sind so Momente, die ich am Liebsten in einer Endlosschleife auskosten möchte. Hier ist das Gefühl und Gespür für die treffende Stimmung das Entscheidende und nicht technische Raffinesse, schlicht bezaubernd. Weniger schön ist der plötzliche unvermittelte Schluss, aber man hat ja zum Glück die Option, das Album noch mal aufzulegen und genau das werde ich sofort tun.  

Fazit:
Ein wunderbar fesselndes Album, das in Ruhe genossen werden möchte und auch sollte. Angesiedelt irgendwo an der Schnittstelle von Doom und Psychedelic Rock, für Nebenbei ist das nichts.
Mir persönlich gefällt es besser als das Debüt. Dieses fiel doch eine ganze Ecke kantiger und kauziger aus, was ja an sich nichts Schlechtes sein muss. Aber im direkten Vergleich wirkt Blood Moon Rise ausgewogener und homogener, was nicht bedeutet, dass es in irgendeiner Form gefällig wäre.
Neben der tadellosen Umsetzung und klanglichen Veredelung sei an der Stelle noch mal der unverkennbare einzigartige Gesang erwähnt. Der weiß zu jeder Zeit zu gefallen und überzeugt mit Eigenständigkeit.
Ein Album was man wunderbar am Stück erleben kann und was mit Sicherheit so schnell keine Abnutzungserscheinungen aufweisen wird. In seiner Vielschichtigkeit verbergen sich unzählige Details, die mal mehr mal weniger hervortreten. Schlicht gesagt, das ist Musik für beide Ohren.

Hörtipps: „The divide”, „Into a sleep“, „Keep your weeds“, „Psyar“

Bewertung: 9 von 10 Punkten

Tracklist:
01.To bury
02.The places you walk
03.The divide
04.Into a sleep
05.And the river ran dry
06.Keep your weeds
07.Ehjä
08.The four of us are dying
09.Psyar

Besetzung:
Jex – Vocals/keys
Danny Gonzales – Bass
Matt Jacobs – Guitar
Nick Ray Johnson – Drums
Brandon Newhouse – Guitar

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Neben der Vinyl-Ausgabe ist Blood Moon Rise auch auf CD erschienen.

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Musik

CD-Review: Ashes Of Ares – Ashes Of Ares

Info
Bandname:  Ashes Of Ares
Albumname:  Ashes Of Ares
Musikrichtung:  Heavy Metal  
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Nuclear Blast
Herkunft:  USA
Facebook:  de-de.facebook.com/AshesOfAres
Website:  www.ashesofares.com

Was passiert, wenn man ICED EARTH und NEVERMORE mischt? Zwar liegt die Antwort mit ASHES OF ARES nahe, aber so richtig haut das trotzdem nicht hin. Ich möchte sogar so weit gehen und behaupten, dass besagte neue Band um Matthew Barlow und Van Williams ihre Anhängerschaft eher aus der Riege der ICED EARTH-Jünger rekrutieren wird. Zum einen dürften diese arg ausgehungert sein, da die letzten Alben der Band sehr stark enttäuschten und über weite Strecken einfach vertonte Langweile waren, zum anderen war es Barlow, der auf den Großtaten glänzte.
Am Ende war es Schaffers-Ideenlosigkeit, die die Band ins Mittelmaß stürzte und die sich nun mit Stu Block den dafür passenden Mann ans Mikro geholt hat. Ich persönlich erwarte aus diesem Lager nichts mehr, umso mehr war ich erfreut, dass sich Matt Barlow dazu entschloss wieder richtig bandmäßig aktiv zu werden.
Das Resultat dieser Entscheidung liegt nun mit dem gleichnamigen Debüt von ASHES OF ARES vor.

Schon nach den ersten zarten moderaten Klängen und einsetzendem Gesang schaltet mein Hirn unweigerlich in den ICED EARTH-Modus, so sehr ich mich auch dagegen wehre. Wenige Takte später peitscht das Schlagzeug eine gehörige Portion Druck in den Opener „The Messenger“. Insgesamt gefällt mir das klinische Klangbild nicht besonders. Die Gitarren dürften ihre Verzerrung ausschließlich im Rechner erhalten haben und das Schlagzeug tönt leider auch sehr steril – besonders die klappernde Bassdrum. Keine Frage, der Song lebt von der Stimmgewalt Barlows. Es gibt sicher Bessere, aber so zum warm werden geht der allerdings voll in Ordnung. Ein direkter und solider Mid-Tempo-Banger.

„Move the chains“ scheint sogleich das Motto des nächsten Songs zu sein. Denn die Nummer nimmt gehörig Fahrt auf. Ein äußerst lebhaft und packend gestaltetes Stück metallischer Liedkunst. Zwar brennt es mir das ICED EARTH-Logo noch tiefer in mein Assoziationszentrum im Hirn, aber da muss ich nun durch. Van Williams setzt trotz des produktionstechnischen Fehltritts im Klanggewand des Schlagzeugs gewaltig Akzente. Gefällt mir sehr gut und wäre der bessere Albumeinstieg gewesen. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie Jon Schaffers Auge nervös anfängt zu zucken angesichts dieses Krachers.

Balladeskes Gezupfe und eine emotional aufgeladene, hingebungsvolle Schmachtstimme warten auf den gänsehautanfälligen Hörer, bevor sich die ganze Sache immer wuchtiger auswächst. Man wird hier regelrecht von Stimmungsschwankungen durchgerüttelt, dieser Song ist alles andere als langweilig. Natürlich gibt es unterm Strich derlei Kompositionen zu Hauf, aber dennoch kann „On warrior’s wings“ überzeugen, nicht zu Letzt erneut durch die Akteure Barlow und Williams.

Beschwörende Atmosphäre macht sich in „Punishment“ breit, um im Nachgang von einem walzenden Brett hinweggefegt zu werden. Die Klampfen drücken gewaltig, obwohl hier eine organische Produktion mit Ecken und Kanten wesentlich besser passen würde. Freddie Vidales geht auch bei diesem Song eher rhythmisch orientiert zu Werke. Da die Jungs live aber anscheinend Unterstützung durch einen zweiten Gitarristen erfahren, wäre doch auf der Platte für ein paar mehr Leads und Licks locker Platz gewesen, ohne dass man bei der Konzertdarbietung hätte Kompromisse eingehen müssen.

„This is my hell“ gestaltet man ebenfalls sehr vielschichtig und arbeitet ein weiteres Mal viel mit Dynamik. Eingeleitet durch Akustikgitarren, im weiteren Verlauf ordentlich druckvoll und heavy. Der Refrain braucht nicht viele Durchläufe, um einen am Haken zappeln zu lassen. Trotzdem wäre das alles nur die Hälfte wert, würde nicht diese Ausnahmestimme erklingen.

Im Vorfeld der Veröffentlichung konnte man „Dead man’s plight“ bereits begutachten. Ein drückender Stampfer, der sich qualitativ irgendwo im Mittelfeld einfindet. Das Riffing ist sehr angestaubt und wieder ist es Matt Barlow, der das Ganze über die Ziellinie rettet.

Mit satten Thrash-Riffs bewaffnet und eine ganze Ecke flotter schießt „Chalice of man“ aus den Boxen. Matt keift und faucht zwischendurch beschwörend und bietet zudem großartigen Chorgesang mit Kanonausflügen. Das ist nun wieder ein Brett, das richtig Laune macht. Hierzu würde mich ebenfalls Jon Schaffers vor Neid verzerrtes Gesicht interessieren, vielleicht schäumt er aber auch schon.

Nach dieser wuchtigen Nummer geht es erst mal wieder etwas verhaltener zu. Balladenzeit! Dass Matthew Barlow über die stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten verfügt, einen solchen Song völlig kitschfrei zu veredeln, dürfte niemanden überraschen. Wäre da nur nicht dieses Schema-F-Strickmuster im Songwriting. Schade, da wäre mehr drin gewesen.

Szenenwechsel: hammerhartes Thrash-Riff-Monster. Die Gitarren tönen tief und fett zu „What I am“. Ich will ja eigentlich nicht ständig den Gesang hochloben, aber was hat der Mann nur für eine unsagbar kräftige Stimme?! Da können die Gitarren noch so hart brettern, Matt Barlow hält dem locker stand. Ideenmäßig überschlägt sich das Trio bei diesem Song zwar auch nicht, von der Intensität her dürfte es live aber bestens für Stimmung sorgen.

„The one-eyed king“ lässt die Nackenmuskulatur nicht abkühlen. Gelungen finde ich die Off-Beat-Akzente beim Schlagzeug, das passt prima und peitscht ordentlich. Der Refrain ist nicht sonderlich überragend, aber zu verzeihen. Da das Riffing wieder etwas mager ausfällt, bleibt es an Matthew Barlow und Van Williams hängen, die Nummer rauszureißen.

Als Bonustrack spendiert man dem Konsumenten noch eine Akustikversion von „The answer“. Dabei ist eigentlich nur der Schmachtfaktor etwas höher und die Darbietung weißt logischerweise keine verzerrten Gitarren auf. Aber den Song selber macht es dadurch nicht besser oder schlechter.

Fazit:
Das Album hat durchaus seine Momente und einen Komplettausfall, der einen zum Skippen zwingt, gibt es nicht. Nichtdestotrotz verzeichne ich einige Schwachstellen. Die sterile und synthetische Produktion steht da für mich an erster Stelle. Ebenso sind die Riffs doch stellenweise sehr abgegriffen und einfach zu sehr Standard. Da ist man von der Finesse eines Jeff Loomis sehr weit entfernt, obwohl dieser das Solo zu „Punishment“ als Gast beisteuerte. An vielen Stellen macht das die Energie und Kraft der Stimme von Matt Barlow aber wieder wett. Wer also ebenso wie ich von den letzten Alben der ehemaligen Band Barlows mehr als enttäuscht ist, dem kann ich das Debüt von ASHES OF „Schaffer“…ähm…ARES!! durchaus empfehlen. Man wird sehen was die Zeit bringt und wie sich die Band zukünftig entwickeln wird.

Hörtipps: „Move the chains“, „On warrior’s wings“, „Chalice of man“

Bewertung: 7 von 10 Punkten

Tracklist:
01.The messenger
02.Move the chains
03.On warrior’s wings
04.Punishment
05.This is my hell
06.Dead man’s plight
07.Chalice of man
08.The answer
09.What I am
10.The one-eyed king
11.The answer [acoustic] (Bonustrack)

Besetzung:
Matt Barlow – Vocals
Van Williams – Drums
Freddie Vidales – Guitars, Bass

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Neben der regulären Digipak-CD gibt es die Vinyl-Ausgabe (red vinyl, black vinyl)

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Musik

LP-Review: Witherscape – The Inheritance


Info
Bandname:  Witherscape
Albumname:  The Inheritance
Musikrichtung:  Progressive Dark Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Century Media
Herkunft:  Schweden
Facebook:  www.facebook.com/witherscape
Website:  www.witherscape.com

Nein, dies ist keine Newcomer-Rezension. Zwar ist The Inheritance das Debütalbum von WITHERSCAPE, jedoch verbirgt sich dahinter kein geringerer als Dan Swanö. Ich erspare mir hier aus Platzgründen den biografischen Abriss, denn wo der Mann schon überall seine Finger im Spiel hatte, sprengt hier bei weitem den Rahmen. Bei was es sich nun beim gemeinsamen Projekt mit Ragnar Widerberg handelt, wird man den folgenden Zeilen entnehmen können.

Ohne Umwege und Vorgeplänkel findet man sich von der ersten Sekunde an mitten im Geschehen von „Mother of the soul“. Gleich zu Beginn präsentiert Dan seine herrlich satten Growls, immer wieder ein Genuss. Aber ebenso wie der Gesang im Erscheinungsbild ständigen Wechseln unterworfen ist – neben den Growls gibt es Klargesang und alles was dazwischen liegt – so gestaltet sich das musikalische Gewand ebenso facettenreich. Eine packende dynamische Reise durch Stimmungen und Emotionen. Freunde der Crimson-Alben von EDGE OF SANITY dürften die Freudentränen bereits in den Augen stehen und das geht völlig in Ordnung. Lasst es einfach raus!

Vielversprechend ertönt der Beginn zu „Astrid falls“. Nach melodischem Einstieg betritt man atmosphärisch verträumtes Terrain. Auch wenn dies zum Verweilen einlädt, so wird man doch schon bald wieder brachial herausgerissen. Dieses Wechselspiel aus balladesken Takten und wuchtigen Brechern zieht sich durch den ganzen Song. Klar, neu ist das nicht, aber dennoch wirksam und zudem gibt es dazwischen allerlei zu entdecken. Mir gefällt’s!

Wollte man fies sein, würde man „Dead for a day“ als potentiellen Singlehit bezeichnen. Zwar beginnt er getragen mit Akustikgitarre und Klagegesang, mausert sich aber mit dem Refrain als eingängige Death ´n´Roll Nummer. Sehr eingängig, ohne anbiedernd zu sein. Es enthält ein wunderbar melodisches Gitarrensolo und auch hier findet man wieder das klassische „Laut-Leise“-Wendungsmuster. Dieses Stück hallt nach, keine Frage.

Ein schönes Kontrastprogramm zum treibenden Charakter des Vorgängerstücks entfaltet sich, zart und instrumentiert und mit hauchendem Gesang, „Dying for the sun“. Wie zu erwarten war, ändert sich das Erscheinungsbild natürlich wieder nach wenigen Takten. Eine vielschichtige Prognummer mit unterschiedlichen Färbungen und treffsicher arrangiert. Es gibt sowohl vordergründig als auch im Hintergrund viele kleine Details zu entdecken, da lohnt sich die Entdeckungsreise unterm Kopfhörer. Sehr gelungen finde ich auch die Passage im Mittelteil des Songs, die in ihrer Gestalt an Edvard Griegs „Hall of the mountain king“ aus der Peer Gynt-Suite erinnert. Die Keyboardsounds gefallen im stilechten Prog-Gewandt, selbst ein Moogsolo bekommt man geboten.

Treibend aber mit stampfendem Unterton prescht „To the calling of blood and dreams“ heran. Gerade die Chöre lassen mich an SYMPHONY X denken, selbst der energische Klargesang treibt diese Assoziation noch weiter voran. Eigentlich unnütz zu erwähnen, dass auch bei diesem Song das Songwriting fernab jeglicher Eindimensionalität stattfindet.

Das Intro zu „The math of the myth“ weist Keyboardklänge auf, die mir persönlich zu sehr synthetisch verklebt sind, da sich diese aber nicht sonderlich ausbreiten, bleibt meine gute Laune ungetrübt. Diesen Ausrutscher kann ich verzeihen. Grenzwertig sind sicher die abgespacten Soundeffekte auf der Stimme in einigen Momenten, aber irgendwie hat das aber auch was für sich. Ein etwas tastendominiertes Stück, aber auch sehr interessant und packend dargeboten.
Herrlich satte Growls klatscht man uns mit „Crawling from validity“ entgegen. Da könnte ich stundenlang zuhören. Ein weiteres vielschichtiges Stück, mit jeder Menge Druck und Energie, schön angeproggt, so etwas hält den Hörer bei der Stange.

Nach seichtem Einstieg zu „The wedlock observation“ dauert es nicht lange und man ist wieder im bewährten Wechselspiel zwischen verträumtem Gefühl und brachialen Ausbrüchen. Zum Ende hin wird es richtig atmosphärisch mit epischen Momenten. Gesanglich glänzt man hier, wie eigentlich auf dem gesamten Album, in allen Facetten. Ein variabler und der jeweiligen Grundstimmung angepasster Gesang ist ebenso wichtig, wie treffsichere und raffinierte Arrangements der Instrumente. Genau das bekommt man von WITHERSCAPE auf ihrem Debüt in jeder noch so kleinen Nuance geboten, da dürften so schnell keine Abnutzungen der Hörfreude auszumachen sein. So direkt und ungeschminkt der Einstieg zum Album war, gestaltet sich auch das Ende, denn „The wedlock observation“ endet unvermittelt und abrupt.

Damit der überraschte Hörer jetzt nicht panisch und mit Schweißperlen auf der Stirn zur Anlage rennt, um schleunigst alle Anschlüsse zu prüfen gibt es noch ein kleines feines Piano-Instrumental zu bestaunen, welches dem Album seinen Namen gab.

Fazit:
Ein rundum gelungenes Debüt das richtig Spaß macht. Durch die abwechslungsreichen und vielschichtigen Songs kommt keine Langeweile auf und mit Sicherheit gibt es auch nach dem 20. Durchlauf genug zu entdecken. Trotz der progressiven Machart enthält es genügend packende Momente, die den interessierten Hörer, der bisher nichts mit der Materie zu tun hatte, dieses Genre näher bringen können. Ein interessantes Werk, das alles andere als eindimensional ausfällt und trotzdem keinen überfordern dürfte. Da bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass WITHERSCAPE keine Eintagsfliege ist, was ja bei Dan Swanö nicht allzu unwahrscheinlich wäre.

Hörtipps: eigentlich alles, lediglich das Titelstück ist nicht direkt repräsentativ

Bewertung: 9 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Mother of the soul
02.Astrid falls
03.Dead for a day
04.Dying for the sun
05.To the calling of blood and dreams
06.The math of the myth
07.Crawling from validity
08.The wedlock observation
09.The inheritance

Besetzung:
Dan Swanö – Clean & Growling vocals, Drums, Keyboards
Ragnar Widerberg – Guitars, Bass

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Neben der klassischen CD gibt es natürlich die Vinylausgabe (erhältlich als black vinyl oder transparent blue vinyl), welche aber sehr hörerfreundlich die Compact Disc als Bonus enthält. So kommt dann auch der Vinylfanatiker in den Genuss der 2 Bonustracks, die man nicht mit auf die Langrille gepresst hat.

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Musik

LP-Review: Layla Zoe – The Lily

Info
Bandname:  Layla Zoe
Albumname:  The Lily
Musikrichtung:  Blues / Rock
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Cable Car Records
Herkunft:  Kanada
Facebook:  www.facebook.com/laylazoefanpage
Website:  www.layla.ca

Eigentlich kann man The Lily schlicht als perfekte Symbiose beschreiben. Denn ähnlich wie auf dem Vorgänger Sleep Little Girlarbeitet LAYLA ZOE erneut mit HENRIK FREISCHLADER zusammen und dabei verschmilzt die kanadisch-deutsche Verbindung zu einem sagenhaften Ohrenschmaus. Dieses Album als wahre Perle zu titulieren, ist mehr als zurückhaltend formuliert. Das ist Musik, die nicht nur primär das Ohr erfreut sondern auf eine ehrliche Art und Weise Herz und Seele berührt. Sie nennt sich selbst „Firegirl“ und wer diese Stimme einmal gehört hat, der wird erkennen warum.
Mir ist jetzt schon klar, dass mein Geschreibsel in diesem Review die Pracht von The Lily keineswegs auch nur annähernd angemessen würdigen kann. Ich werde es dennoch versuchen und hoffe, nicht an den Superlativen zu ersticken.

Kaum hat die Plattennadel die Einlaufspur überwunden, schon übernimmt LAYLA ZOE das Zepter mit einer a cappella Darbietung des Gospel-Traditional „Glory, glory, hallelujah“. Sie legt damit gleich zu Beginn des Albums die Messlatte verdammt hoch und bezaubert mit ihrer warmen facettenreichen kräftigen Stimme. Man wird aber keineswegs seicht sakral eingelullt sondern hier ist richtig Feuer im Gesang. Dieser Einstieg ist gelungen und macht zugleich klar, dass LAYLA ZOE nicht zwangsläufig auf Mitmusiker angewiesen ist, um dem Zuhörer Begeisterungsschauer über den Rücken zu jagen. Was für eine Stimme!

Nichtdestotrotz tritt nun HENRIK FREISCHLADER mit Unterstützung von Moritz Fuhrhop als Band ins Geschehen. „In her mother’s house“ ist eine locker beschwingte Nummer, die unbeschwert zum Mitzappeln anregt. Die Instrumentierung ist transparent und steht in Punkto Gefühl LAYLA ZOE‘s Gesang in nichts nach. Deshalb krallt sich der Song schon nach wenigen Takten im Gehörgang fest. Die Produktion ist herausragend organisch und authentisch, ein Fest für den audiophilen Genießer. Hier wird man unweigerlich vom bloßen Zuhörer zum Teil des Ganzen.

Ein Bluesrocker der feinsten Art, zerbrechlich und doch energiegeladen, ertönt mit „Green eyed lover“. Meine Kinnlade macht es sich schon mal auf dem Teppich gemütlich. Egal auf was man sich konzentriert, man wird mitgerissen und möchte in Begeisterungsstürme ausbrechen. HENRIK FREISCHLADER brilliert auf jeder Ebene. Gefühl, Phrasierungen im Klang, treibende Wucht in kurzen aufschwellenden Momenten, herrlich. LAYLA‘s Stimmgewalt und Wandelfähigkeit scheint ebenso nicht von dieser Welt zu sein. Aber das Herausragende ist, obwohl sich hier alle Beteiligten wahrlich austoben und entfalten, lässt man dennoch genügend Raum für den jeweils Anderen. Wer von diesem Song nicht überzeugt wird, kann eigentlich nur taub sein.

Während meine Gänsehaut langsam zurückgeht, bewegen wir uns mit „Gemini heart“ in schlürfenden Klammerblues-Gefilden. Gitarre und Gesang im zauberhaft schmachtenden Dialog auf schwellendem Orgelteppich, während LAYLA ZOE emotional ihr Innerstes nach außen kehrt. Auch dieses Stück wird mit so viel Feingefühl und Raffinesse intoniert, schlicht und einfach ergreifend!

Bei „Never met a man like you“ dürfte die Wolke von STEVIE RAY VAUGHAN gehörig wackeln, denn das Klanggerüst dieses rockigen Shuffle-Stampfers zwingt einem die Assoziation förmlich auf. Dieses Lied pumpt gewaltig Strom in die Hütte. Gewürzt wird die Sache mit feinen kleinen rhythmischen Spielereien und pfeilschnellen Licks, die zusätzlich Spannung erzeugen und genretypische Grenzen aufbrechen. Es wäre eine Verschwendung sollte „Never met a man like you“ nicht in den Konzertsälen dieser Erde erschallen.

Wieder rocklastig doch nicht ganz so ungestüm präsentiert man „Why you so afraid“. Obwohl dieser Nummer auch genügend Feuer beiwohnt, lässt man dabei nichts anbrennen. Muss ich wirklich noch extra erwähnen, dass LAYLA ZOE wieder alle Register zieht und auf der ganzen Linie mehr als überzeugt?

Eine getragene sphärische Welt wird mit „Father“ betreten. Dabei wird der Hörer durch verschiedenste emotionale Ebenen und Klangdimensionen geführt. Licht und Schatten mit allen Zwischenstufen, sozusagen. Einer der Sorte Songs, die energiegeladen packend und zugleich zutiefst zerbrechlich traurig sind. LAYLA ZOE singt so leidenschaftlich, dem kann man sich nicht entziehen. Hier habe ich wirklich den Eindruck, die Seele des Stückes greifen zu können. Eindrucksvoll in all seinen dynamischen Facetten. Hier liegen Freud und Leid nah beieinander und werden unbeschreiblich berührend in Tönen zum Leben erweckt. Ein wahres Monument von einem Song.

In getragener Stimmung geht es im Titelstück „The lily“ weiter. Elegant wie Nebelschwaden über die Felder ziehen, schwebt diese fragile Nummer mit ätherischer Orgeluntermalung dahin. Da kann man sich richtig fallen lassen und durch LAYLAs samtiger Stimme aufgefangen werden. Die Gitarre haucht ihre Akzente wohl dosiert hinzu. So etwas nenne ich fantastisch umgesetzte Klangkunst.

Genug der Zurückhaltung, es wird mit „I choose you“ wieder deutlich rockiger. Im Mittelteil kommt ein entspanntes Jamfeeling auf, der Bass pulsiert prägnant und Henrik lässt die Gitarre streckenweise von der Leine. Ich habe die ganze Zeit schon das Gefühl, dass The Lily so klingt, als wäre es direkt im Studio live von einer Band eingespielt. Was ja so nicht der Fall ist. Da waren echte Könner am Werk, aber für Kenner des Freischladrigen-Schaffens dürfte das keine Überraschung sein. Man denke nur allein an das 2009er Album Recorded By Martin Meinschäfer. „I choose you“ steht zwar in deutlichem Kontrast zum vorherigen Titelstück, ist aber damit genau richtig im Fluss des Albums positioniert.

Verhalten gestaltet sich der Einstieg zu „They lie“. Zarte Gitarre, dann kommen Bass und Schlagzeug hinzu, bevor der ergreifende Gesang die Sache zur Perfektion treibt. Im weiteren Verlauf nimmt das Stück an Energie und Schwung zu, um dann zwischenzeitlich immer wieder auf eine minimalistische Ebene zurückzufallen. Wiedermal ein wunderbares Wechselspiel der Emotionen. Die Gitarre darf sich nochmal so richtig aufbäumen, ohne unkontrolliert auszubrechen. Die Stakkato-Einstreuungen sorgen für zusätzlichen Biss, ebenso der facettenreiche Gesang. Ich konnte bisher auch noch keine Klangfarbe im reichhaltigen Stimmspektrum der LAYLA ZOE finden, die mich nicht bis ins Mark berührt. Diese Frau hat viel mehr Aufmerksamkeit und Respekt verdient, als ihr bisher zuteil wird. Gleiches gilt im Grunde auch für HENRIK FREISCHLADER, der nicht nur durch seine Fertigkeiten an diversen Instrumenten glänzt sondern auch LAYLA ZOE eine ganze Palette an großartigen Songs auf die Stimmbänder gezimmert hat. Getreu der Devise „Never change a winning team!“ hoffe ich sehr darauf, dass The Lily noch längst nicht das letzte gemeinsame Album ist! Mehr davon, unbedingt!

Das Ende des regulären Albums bildet die Hommage an NEIL YOUNG „Hey, hey, my, my“. Eine gelungene lebhafte und energiegeladene Interpretation bei der Henrik die Gitarre schön rotzig röhren lässt. Das macht Freude. Dreckiger bietet es nur der Altmeister selbst mit seinem urigen Gitarrensound, vor allem wenn er mit CRAZY HORSE kooperiert. Trotzdem muss sich LAYLA ZOE mit ihrer Version nicht dahinter verstecken und bietet sogleich den Beweis, dass der Rock ´n´ Roll keinesfalls sterben wird! Nicht so lange es noch Künstler wie sie und HENRIK FREISCHLADER gibt, die ihn nicht nur am Leben erhalten sondern beständig Neues einhauchen.

Während der CD-Käufer nun bereits zum zweiten Durchlauf des Albums ansetzen kann, hat der Vinyl-Genießer noch einen exklusiven Bonustrack vor sich.  Dabei handelt es sich um eine weitere Covernummer „I’d rather go blind“. Davon gibt es ja mittlerweile unzählig viele Interpretationen. Die erste Aufnahme erfolgte im Jahre 1967 durch Etta James und seither haben sich Viele an diesem Stück versucht. Diese Live-Version von LAYLA ZOE gehört zweifelsohne zu den gelungenen Aufführungen. Ein würdiger harmonischer Abschluss zu einem ganz großartigen Album.

Fazit:
Obwohl The Lily bereits das fünfte Studioalbum von LAYLA ZOE ist, stolperte ich doch erst kürzlich und ganz zufällig über diese sensationelle Stimme und prompt katapultiert sie sich mit ihrem aktuellen Album verdient in meine Favoriten-Liste der Sängerinnen.
Es ist unglaublich viel authentisches Gefühl in ihrem Gesang, den sie so variabel einsetzt. Das geht viel tiefer als nur unter die Haut. Jedes der Stücke begeistert mich auf dem Album, welches so vielschichtig und doch homogen gestaltet ist. Selbst der Spannungsbogen, der mit der Titelreihenfolge erzeugt wird, könnte besser nicht gewählt sein.
Die Produktion ist sensationell. Warm, organisch, transparent, dynamisch und wird der künstlerischen Darbietung damit mehr als gerecht. In Summe erhält man ein grandioses Album, was meilenweit aus der Veröffentlichungsflut heraussteht.
Egal wie oft ich es schon gehört habe, es gibt keine Schwachpunkte oder nur die winzigste Kleinigkeit, an der man berechtigt Kritik üben könnte. Schlicht und einfach perfekt. Ich bin über alle Maßen zufrieden, hoch erfreut und eigentlich sprachlos. Ich lege The Lily jedem nahe, der ehrliche, herausragend gute handgemachte Musik mit Sinn, Herz und Verstand mag.


Hörtipps: ALLES!!

Bewertung: 10 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Glory, glory, hallelujah
02.In her mother’s house
03.Green eyed lover
04.Gemini heart
05.Never met a man like you
06.Why you so afraid
07.Father
08.The lily
09.I choose you
10.They lie
11.Hey, hey, my, my
12.I’d rather go blind [live] (Bonustrack – vinyl only)

Besetzung:
Layla Zoe – Lead & Backing vocals
Henrik Freischlader – Guitars, Bass, Drums & Backing vocals
Moritz Fuhrhop – Hammond Organ

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Erschienen ist das Album auf Vinyl (180g) und als Digipak-CD.


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Musik

LP-Review: Philip H. Anselmo & The Illegals – Walk Through Exits Only

Info
Bandname:  Philip H. Anselmo & The Illegals
Albumname:  Walk Through Exits Only
Musikrichtung:  (Bizarre) Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Housecore Records / Season of Mist
Herkunft:  USA
Facebook:  www.facebook.com/Philipillegals
Website:  www.philanselmo.com 

Immer in Bewegung bleiben, scheint so bisschen das Motto von PHILIP ANSELMO zu sein. Trotzdem er fleißig auf Konzertreisen unterwegs ist und nebenbei mal eben ein eigenes Horrorfilm- und Musikfestival auf die Beine stellt, hat er trotzdem Zeit gefunden neben allerlei anderen musikalischen Verpflichtungen, sein erstes Soloalbum aufzunehmen. Dieses habe ich heute auf dem Seziertisch liegen und freue mich schon sehr darauf. Denn was der gute Mann hier verzapft hat, trifft genau meinen Nerv. Ein Album das Seinesgleichen sucht! Der Schlüssel ist im Prinzip nur (wie so oft) die eigene Erwartung. Wer hofft, dass Herr Anselmo sich hier in Eigenzitaten verliert und Altbewährtes mit Blick auf Akzeptanz und Verkaufszahlen nur aufwärmt, dem sei der Zahn gleich gezogen! Natürlich findet man hier und da vereinzelt kleine Färbungen, die zeigen wo der Mann musikalisch herkommt. Dabei bleibt es aber auch! Wer sowieso völlig unbeleckt an das Album herangeht, weil er bisher keinerlei Berührung zum bisherigen Schaffen des Künstlers hatte, umso besser. Ich gehöre zwar nicht zu dieser Gruppe, habe mich aber genau mit dieser Einstellung Walk Through Exits Only hingegeben.

Der Einstieg präsentiert sich mit „Music media is my whore“ als zähfließender schwerfälliger Klumpen bei dem uns PHILIP H. ANSELMO erst einmal eindringlich die Hausordnung vergegenwärtigt. Dieses Stück sollte man also eher als einstimmenden Prolog betrachten bevor die Reise so richtig losgeht, dann gibt es aber kein Zurück mehr.

Rumpelnd holprig springt einem „Battalion of zero“ ins Gesicht. Phil schreit und keift sich die Seele aus dem Leib, während die Band pulsierend wirbelnd ein bleischweres Fundament gießt. Tempo- und Rhythmuswechsel gibt es am laufenden Band. Nichts mit Easy-Listening!
Noch eine ganze Kante energischer tönt „Betrayed“. Kaum hat sich das Ohr orientiert und will sich festhaken, reißt man alles wieder auseinander und schiebt es in andere Richtung. So wirr sich das im ersten Moment anfühlen mag, ist es aber nicht. Es ist trotzdem griffig und durchaus greifbar, man muss sich nur drauf einlassen. Eine skurrile Klangcollage bricht unvermittelt hervor und ebnet den Weg für „Usurper bastard’s rant“.

Das Tempo zieht an und man sieht sich mit einem weiteren energiegeladenen Monster konfrontiert. Knallige Thrash-Riffs mit häufigem Pinch-Harmonics –Einsatz. Zwischenzeitlich scheint sich alles zu einem unentwirrbaren Netz zu verweben und bleibt trotzdem nachvollziehbar. Stimmlich nutzt Phil einmal mehr sein weites Spektrum an Klang- und Zornfarben. Dynamisch, vielschichtig und alles andere als gewöhnlich, schlicht herrlich!

Irrwitzige Breaks und Leads, hypnotische Grooves  im stets kontrollierten Chaos hält „Walk through exits only“ bereit.  Dieser Song ist der Oberhammer! Es gibt dabei so viel zu entdecken und erfahren, dass man gar nicht anders kann, als gebannt zuzuhören. Was einem hier an verschiedensten Elementen geboten wird, verarbeiten andere auf kompletten Alben.  Dabei wirkt es zu jeder Zeit organisch und nicht konstruiert. Eine Gratwanderung! Diese authentische Wut, die Phil Anselmo dem Hören entgegenschleudert, weist sämtliche Shouter der unzähligen Core-Kapellen in die Schranken, die nur kläglich versuchen  wirklich aggressiv zu klingen. Ihm macht so schnell in dieser Disziplin keiner was vor, seine Wut hat Substanz. „I walk through exits only – because I can“. Exakt!

Keine Verschnaufpause, denn „Bedroom destroyer” nimmt an Intensität nicht ab. Der Song prescht nach Vorn und bietet einen wunderbar holprigen Refrain, den man so nicht erwartet und der trotzdem irgendwie perfekt passt. Wer also die Nase voll hat von den ewig gleichen Songs von der Stange, wird hier bestens bedient. Im Ausklang wird es schön schwebend sphärisch, welch  krasser Gegensatz. Aber davon gibt es auf Walk Through Exits Only zum Glück genügend.

„Bedridden“ kommt im ersten Moment etwas zurückhaltender und eher groovelastiger daher. Wirbelt aber im Verlauf wieder genügend Staub auf. Dabei gibt es auch längere Passagen, bei denen man in Ruhe bangen kann, ohne Sorge zu haben, dass einem die Halswirbel in alle Himmelsrichtungen davonfliegen. Kompaktester Song des Albums, deswegen aber nicht schlechter als der Rest!

Unvermittelt knallt einem „Irrelevant walls and computer screens“ um die Ohren. Wieder versprüht man den Hauch des Irrationalen, ein Labsal für meine Ohren. Breaks, Groove, Wucht und Energie ohne Ende. Phil Anselmos Darbietung lässt für Genießer keine Wünsche offen und authentischer geht’s sowieso nicht. Man ist so mitgerissen von seinem ehrlichen Zorn, dass man geneigt ist auf die Frage im Text: „Does one and one make three?“ unterwürfig automatisch mit „Ja“ zu antworten. Das Stück schwenkt abrupt um und entfaltet sich zu einer weiteren grotesken Klangcollage, die den Charakter eines stotternden Flugzeugmotors im Sinkflug innehat. Doch auch das verstummt plötzlich und lässt einen in einem Schwebezustand zurück und allmählich fällt man immer tiefer ins Klangnirwana.

Fazit:
Es ist schwierig zu beschreiben, was einen bei diesem Album erwartet, denn mit bloßen Worten kann man Walk Through Exits Onlynicht gerecht werden. PHIL ANSELMO liefert hier einen wunderbar bizarren Wutbrocken ab, der sich in 8 garstige Teile gliedert und sich deutlich von der Masse abhebt. Nichts für Nebenbei, dieses Album will bewusst genossen werden! Die Stücke sind zu jeder Zeit wohltuend authentisch und packend. Es gibt keine Songs im klassischen Strickmuster oder sonstige anbiedernd gefällige Momente und vorhersehbar ist es ebenfalls nicht. Sicherlich mag das den einen oder anderen im ersten Moment etwas ratlos zurücklassen, aber das hängt nun mal auch von den eigenen Hörgewohnheiten ab.

Ich persönlich finde das Album sehr zugänglich und erquickend frisch trotz seiner Sperrigkeit. Eine wohltuende Abwechslung zu den oftmals sehr gleichförmigen Veröffentlichungen anderer Szenevertreter.

Das Einzige was man bemängeln könnte, ist die überschaubare Spielzeit von guten 40 Minuten. In denen präsentiert man jedoch jede Menge brachiale Atmosphäre und wahre Emotionen, verpackt in einem organischen Klanggerüst.
Ein Wutausbruch par excellence – kein Soundtrack zum Kindergeburtstag!

Hörtipps: ALLES und das in Dauerrotation – Nebenwirkungen ausgeschlossen!

Bewertung: 10 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Music media is my whore
02.Battalion of zero
03.Betrayed
04.Usurper bastard’s rant
05.Walk through exits only
06.Bedroom destroyer
07.Bedridden
08.Irrelevant walls and computer screens

Besetzung:
Philip H. Anselmo – Voice and handmade special FX
Marzi Montazeri – Axes and landscrapes
Jose Manuel Gonzalez – Drumbeats
Bennett Bartley – GWB bassdose

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Erschienen ist Walk Through Exits Only als Digipak-CD und auf Vinyl (transparent green vinyl, clear splattered vinyl und grey/red vinyl)

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Musik

CD-Review: Annihilator – Feast

Info
Bandname:  Annihilator
Albumname:  Feast
Musikrichtung:  Thrash Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  UDR GmbH
Herkunft:  Kanada
Facebook:  www.facebook.com/pages/Annihilator/9614139730
Website:  www.annihilatormetal.com

Nach 3 Jahren Tonträger-Abstinenz steht jetzt Album Nummer 14 in den Startlöchern. Ich muss gestehen, dass ich bei jeder anstehenden Veröffentlichung der Kanadier meinen Blick zuerst auf die Besetzungsliste werfe. Der Grund? Naja, das Personalkarussell dreht sich bei ANNIHILATOR in schöner Regelmäßigkeit und tief im Inneren hoffe ich nun seit Längerem schon darauf, dass die Fliehkräfte Sänger/Gitarristen Dave Padden mal erfassen. Er ist zwar kein abgrundtief schlechter Sänger, aber auch nach 5 Studioalben in knapp 10 Jahren kann ich mich einfach nicht mit seinem Gesangsstil anfreunden. Für mich bleiben Joe Comeau, Coburn Pharr oder durchaus auch Jeff Waters selbst, die Stimmen, die ideal zu ANNIHILATOR passen und kräftige Akzente gesetzt haben.

Mal abgesehen vom Gesang, kränkelte die Band zuletzt auf ihrem selbstbetitelten 2010er Werk außerdem an einer gewissen Eindimensionalität. Wohingegen dessen Vorgänger Metal aus dem Jahre 2007 eher die Charakteristik eines Samplers (aufgrund der klassentreffenartigen Gastbeiträge) aufwies. Das war ebenfalls nicht so überzeugend.
Kurz gesagt, die Erwartungen sind bei mir zurzeit nicht sonderlich hoch. Eigentlich kein schlechter Ausgangspunkt, denn wer nichts erwartet wird nicht enttäuscht! Oder doch?

Jeff Waters legt mit straffem Riffing vor und präsentiert im weiteren Verlauf eine ANNIHILATOR-typische Thrash-Abrissbirne. Guter Albumeinstieg, jedoch keine Überraschung. „Deadlock“ ist also gewohnt solide Kost, aber mehr auch nicht. Gesanglich geht der Song größtenteils in Ordnung, kann man ertragen. Hier und da streut Jeff feine Leads und Licks ein, der Mann hat’s einfach drauf und für mich der Grund, warum ich trotz diverser Kritikpunkte weiterhin die Entwicklung der Band verfolge.

Mit einem leichten Hang zur Dissonanz ertönt das klirrende Intro zu „No way out“. Sowas wirkt immer irgendwie interessant, da dissonante Tonverbindungen von Hause aus eine gewisse Spannung mitbringen. Da wird das Ohr im Gegensatz zur gewohnten Tonalität wenigstens gefordert. Schnell wandelt sich das Stück wieder zu einem geläufigen flotten Riffmonster, wenn auch nicht so biestig wie der Opener. Es geht relativ schnell wieder vom Tempo runter. Jetzt wird’s gesanglich für mich schon etwas kritisch. Dave Padden rauscht hierbei voll über meine Toleranzgrenze. Mal abgesehen davon, dass die rhythmische Darbietung des Gesangs vielen anderen Songs der Kanadier ähnelt, was allein schon traurig ist, aber wenn er dann noch versucht melodisch zerbrechlich zu singen, hört für mich alles auf. Das klingt so künstlich (ich will gar nicht wissen, was da am Rechner noch alles gefummelt wurde). Selbst die stark aggressiven Passagen kann ich ihm nicht abnehmen, da fehlt einfach Substanz in der Stimme. Alles was im Zwischenraum passiert, kann man halbwegs gelten lassen. In Summe kein besonders gelungener Song.

Etwas groovebetonter tönt „Smear campaign“. Nicht sonderlich originell, das Positivste bleibt auch hier die Gitarrenarbeit. Nein, die Nummer bügelt mir auch nicht die Falten aus der verknitterten Stimmung.

„No surrender“, ein weiterer Standard aus dem Hause ANNIHILATOR? Ja und nein, denn dabei warten partiell kleinere Ausflüge in den Funk-Sektor. RED HOT CHILLI PEPPERS werden einige sagen, als Vergleich sicherlich legitim, aber ein Patent auf Funk hat diese Kapelle ja nun wahrlich nicht. „No surrender“ ist ein interessanter Farbklecks und auch hier brilliert Jeff Waters ein weiteres Mal, aber abgesehen davon kein Grund zum Ausflippen.

Thrash ´n´ Roll wäre eine gute Überschrift für „Wrapped“. Als Gastsänger hat man dabei Danko Jones verpflichtet, was das Lied aber keinen Meter weiterbringt. Der Beitrag ist kein Gewinn, da Danko Jones seiner Stimme hier mehr Kraft verleihen will, als sie eigentlich von Natur aus innehat. Der nervig hektische Refrain lässt meinen Skip-Tasten-Finger gewaltig zucken. Danke, der Nächste bitte!

Nun ist Balladenzeit. Eine Disziplin, die Jeff Waters und Co in der Vergangenheit schon souverän gemeistert haben. Das unterirdische „The one“ vom All For You -Album möchte ich am liebsten unter den Tisch kehren, wo es eigentlich hingehört. Obwohl dabei die größte Parallele zu „Perfect angel eyes“ mit Dave Padden auszumachen ist und genau das ist der Knackpunkt. Er schmachtet hier so schmalzig, aber am Ende passt das wesentlich besser zu seinem poppig ausgelegten Klargesang. Egal bei welchem Song er diesen einsetzt, kommt bei mir immer die Assoziation zu diversen Pop- und Boygroup-„Sängern“. Überhaupt nicht mein Ding, auch wenn es nicht so schrecklich wie besagtes „The one“ ausfällt. Nichts gegen ruhige Töne und Balladen, aber „Perfect angel eyes“ überzeugt mich nicht. Einfallslose 08/15-Schnulze und von einstigen Volltreffern vom Schlage eines „Phoenix rising“ so weit entfernt wie China von der Demokratie.

Nach kleineren Ausflügen in andere musikalische Gefilde und feine Stilmixe wird nun wieder das volle Brett gefahren. Hier übernimmt Jeff Waters den Gesangsposten, zumindest in den Strophen. Kurzzeitig steht hin und wieder der Bass im Vordergrund und erinnert mich vom Klang her witziger Weise an KISS zu Dynasty-Zeiten, aber das nur als Randnotiz. Obwohl „Demon code“ kein Überflieger ist, gefällt er mir trotzdem ganz gut, da er einige harmonische Facetten bereithält und nicht nur eindimensional vor sich hin rumpelt.

Der Anfang zu „Fight the world“ mit seinen akustischen Gitarren und der hinzukommenden Leadgitarre versetzt mich 20 Jahre zurück zu Set The World On Fire. Kurz darauf entfaltet sich wieder ein typischer Thrasher der neueren Bandgeschichte. Von den Klangfarben her aber recht abwechslungsreich, angenehm melodisch und mit jeder Menge Dynamik ausgestattet. Kann man so stehen lassen und bietet einen guten Querschnitt zum Klanguniversum von ANNIHILATOR.

Das kann ja jetzt wohl nicht ernstgemeint sein?! Der Einstieg zu „One falls, two rise“ ähnelt dem zu „Fight the world“ ja beinahe wie ein AC/DC-Album dem anderen. Lediglich ein paar zusätzliche Effekte wurden auf die Gitarre gelegt. Hier kommt die Melodie durch den Bass ins Geschehen bevor Kollege Padden wieder im Jammermodus die Szene betritt. Alles ganz seicht und entspannt, bevor erneut der Thrash-Hammer schwingt. Es wechseln sich pfeilschnelle Passagen mit stampfenden Streckenabschnitten ab. Stellenweise bringen kleinere Zwischenparts Erinnerungen an die Frühwerke der Band hoch. In den knapp über 8 Minuten Spielzeit fährt man erneut nochmal alles auf, was ANNIHILATOR so zu bieten haben. Vielschichtiger Song, gefällt mir durchaus – trotz des (ja, nochmal Einen drauf!) Gesangs.

Fazit:
Der große Wurf ist der Band mit Feast nicht gelungen. Dennoch ist das Album interessanter geworden als sein Vorgänger und zählt somit für mich zusammen mit Schizo Deluxe zu den besseren Alben der Padden-Ära. Leider ist dieser mit seiner viel zu schwachen und für eine Band, die vornehmlich im Thrash-Sektor ihr Unwesen treibt, völlig unpassenden Stimme, nach wie vor eine absolute Fehlbesetzung. Die größte Waffe im ANNIHILATOR-Kosmos ist und bleibt die grandiose Gitarrenarbeit des Jeff Waters. Was die Produktion anbetrifft, ist mir das im Ganzen einfach wieder zu glatt und steril. Gerade auch der sehr künstliche Schlagzeugsound und das einfallslose, geradlinige Standarddrumming können nicht überzeugen. Man sollte Jeff Waters wirklich mal aus seiner Wohlfühlzone zerren. Fremdes Studio, externer Produzent (vielleicht hat ja Andy Sneap Zeit und Laune) und einen Joe Comeau ans Mikro. Wenn man dann als Band zusammenkomponiert und Jeff Waters sein Songwritingmonopol ein Stück weit aus der Hand gibt, vermeidet man diese offensichtlichen Selbstzitate. So wird das wieder was, versprochen!

Hörtipps: „Deadlock“, „No surrender“, “Demon code”, „One falls, two rise“

Bewertung: 5 von 10 Punkten

Tracklist:
01.Deadlock
02.No way out
03.Smear campaign
04.No surrender
05.Wrapped
06.Perfect angel eyes
07.Demon code
08.Fight the world
09.One falls, two rise

Besetzung:
Jeff Waters: Guitars, Basses, Backing vocals
Dave Padden: Vocals
Mike Harshaw: Drums

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Zusätzlich zur Standard-CD gibt es ein 2-CD Digibook (inkl. 3D-Cover und Bonus-CD mit 15 neuaufgenommenen Klassikern) und natürlich auch Vinyl

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Musik

EP-Review: Grave – Morbid Ascent

Info
Bandname:  Grave
Albumname:  Morbid Ascent
Musikrichtung:  Death Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Century Media
Herkunft:  Schweden
Facebook:  www.facebook.com/GraveOfficial
Website:  www.grave.se

So lange ist die Veröffentlichung des letzten Longplayers der Schweden noch gar nicht her, da serviert man nun in Form der 5-Track EP Morbid Ascent den Nachschlag (oder gar die schlichte Resteverwertung?).

Es handelt sich dabei aber lediglich um 2 tatsächlich neue Songs. Des Weiteren hat man eine Coverversion, einen Remix und eine Neuaufnahme auf Lager. Dies allein zeigt, dass man bei dieser Mini-Scheibe wohl eher die Die-Hard-Fans und Komplettisten im Auge hat, die noch Platz auf ihrem Schrein haben. Für Neueinsteiger ist die EP nur bedingt sinnvoll.
Aber erstmal alles schön nacheinander.

Nach kurzem atmosphärischen Einstieg holzt die Truppe um Ola Lindgren gewohnt souverän los. „Venial sin“ hat einiges an Dynamik zu bieten und transportiert dabei immer ein zartes Maß an unterschwelliger Harmonie. Geht reibungslos in Ohr und Nacken. Im Mittelteil wird es schön zähfließend mit Doom-Einschlag bevor die Gitarre wieder ein treibendes Tempo vorlegt. Gefällt mir gut.

Keine Verschnaufpause, denn „Morbid ascent“ dröhnt ähnlich treibend. Ebenfalls sehr zugänglich ohne anbiedernd zu sein. Das reißt einen mit, ob man will oder nicht. Die zwei Stücke hätten auch problemlos auf Burial Ground stehen können, welches ich eine ganze Ecke besser fand als Endless Procession Of Souls. Sehr genial wird der Schlußteil von „Morbid Ascent“ dargeboten. Das Tempo ist stark gedrosselt und der Song stampft erhaben daher, unterstrichen durch den Einsatz beschwörender Hörner. Welch epische Atmosphäre, herrlich!

Seite Zwei beginnt kompromisslos mit dem SATYRICON Cover „Possessed“, vom fantastischen Volcano Album. Im Prinzip halten sich GRAVE mit großartigen ausgefallenen Eigeninterpretationen des Songs zurück und zerren die Schwarzwurzelnummer nur gehörig durch den Todesbleisumpf. Das scheppert, rumpelt, kracht und poltert, wie sich das für die Schweden gehört. Stellenweise wirkt die Darbietung etwas hektischer als das Original, aber das ist nicht weiter wild. Wer weiß, vielleicht hat die Plattenfirma Druck gemacht. Wir werden es nie erfahren…

Jetzt kommen wir zum Wermutstropfen oder besser zum Fragezeichen. Der Remix zu „EPOS“ ist an der Reihe. Ich stelle mal ganz kühn die Frage, die sich unweigerlich aufzwingt. Wieso? Die klanglichen Unterschiede sind marginal, es entsteht kein anderes Hörgefühl als auf der Albumversion. Das ist wohl nur für ganz hartgesottene Fans interessant, welche die GRAVE-Platten bis ins Mark aussaugen.

Mehr Old-School-Gedonner als bei der Neuaufnahme von „Reality Of Life“ geht nicht. Ursprünglich stammt das Stück vom Sexual Mutilation-Demo und erschien erstmal 1989. Druckvoll peitschender Kracher, mit einer saftigen Portion Groove. Das strapaziert die Nackenmuskulatur gewaltig.

Fazit:
Naja, irgendwie bleibt bei derlei Veröffentlichungen immer der bittere Nachgeschmack des „schnellen Euros“.
Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn die 5 Songs der EP auch wirklich komplett richtige neue Stücke gewesen wären. Coversongs und Neuaufnahmen hätten als Bonustrack zum nächsten regulären Album auch locker ihren Dienst getan.
Die zwei neuen Stücke finde ich beide sehr gut und absolut hörenswert. Aber ob das allein den Kauf der EP rechtfertigt? Entscheidet selbst.

Bewertung: 4 von 8 Punkten

Tracklist:
01.Venial sin
02.Morbid ascent
03.Possessed
04.EPOS (Remix)
05.Reality of life

Besetzung:
Ola Lindgren – Vocals, Guitar
Tobias Cristiansson – Bass, Vocals
Ronnie Bergerstal – Drums
Mika Lagren – Guitar

Für die Freunde der physischen Tonträger:
Erschienen bisher ausschließlich auf Vinyl (black vinyl, orange-transparent vinyl, green vinyl)

Kategorien
Musik

LP-Review: Amorphis – Circle

Info
Bandname:  Amorphis
Albumname:  Circle
Musikrichtung:  Metal
Erscheinungsjahr:  2013
Label:  Nuclear Blast
Herkunft:  Finnland
Facebook:  www.facebook.com/amorphis
Website:  www.amorphis.net

Es gab mal Zeiten, da war die bloße Ankündigung einer neuen AMORPHIS-Platte allein schon Grund zur Freude und man war wahnsinnig neugierig, welche konkreten musikalischen Pfade die wandelfähigen Finnen wohl diesmal beschreiten werden.
Alben wie „Tales From The Thousand Lakes“, „Elegy“, „Tuonela“ oder der Neuanfang „Eclipse“ wussten mehr als zu begeistern und waren jeweils so unterschiedlich zueinander, wie es nur sein kann. Allein die typische Melodieführung und Atmosphäre ließ erkennen, dass es sich bei all den Alben um die gleiche Band handelt.
Seit ein paar Jahren ist dem nicht mehr so, leider!! Laut eigenen Angaben habe man nun den eigenen unverkennbaren Stil gefunden und erwägt keinerlei drastische Experimente mehr auszuführen. An sich geht das völlig in Ordnung, nur drehten sich AMORPHIS auf den letzten regulären Studioalben so ziemlich im Kreis und traten vehement auf der Stelle. Nur knapp entkamen sie der Gefahr zur eigenen Karikatur zu werden, mal ganz drastisch ausgedrückt. Verkleisterte klebrige Keyboardklänge, gefällige verschmuste Schmachtrefrains, zarte Frauenstimmchen zur Ergänzung und zu allem Überfluss das unverfrorene Selbstkopieren.
Nun kommt ein Album heraus, was auf den Namen „Circle“ getauft wurde. Was soll man nun davon erwarten…Nomen est omen?
Im Vorfeld der Veröffentlichung konnte man so Einiges lesen. Die Band würde zurück zur alten Härte finden und dergleichen mehr. Wie sieht denn nun die Realität aus? (Natürlich anders, zumindest wenn man sich mehr als nur den ersten Song anhört, um sich sein Urteil zu bilden….)
Der Opener „Shades of grey“ startet schon mal ziemlich vielversprechend. Growls und volles Brett, schön klirrende Gitarren. Im Strophenhintergrund kann man leichte Anklänge einer Sitar erkennen, passt alles wunderbar. Der Refrain wird im Klargesang dargeboten und ist verhalten melodisch, also eingängig genug dennoch nicht zu aufdringlich. Das Stück versprüht Kraft und Energie. Was sicherlich auch dem Mix zu verdanken ist, denn die Keyboards sind stark in den Hintergrund gepackt und die Gitarren dominieren das Feld. Ein guter Song, der mich in Verzückung und Vorfreude versetzt.
Haben AMORPHIS tatsächlich die Reißleine gezogen und das Zuckerverklebte aus Ihrem Soundgewand gebürstet? Scheint ganz so!
Oder doch nicht? „Mission“ zeigt schon die ersten Schwächeanzeichen und schippert im Fahrwasser der letzten Alben. Seichte Keyboards, gefällige Atmosphäre, keine Growls und jede Menge melodischer Klargesang. Die triolischen Gitarrenleads, die im Prinzip ein Markenzeichen der Band sind, fehlen auch nicht.
Seichter Einstieg und Anklänge von Cello ebnen den Weg für „The wanderer“. Kurz darauf rockt man sehr refrainlastig und mit jeder Menge Melodie. Ich muss jedoch zugeben, dass mir dieses Stück durchaus gefällt und obwohl der Refrain sehr eingängig ist, weiß er zu gefallen und hängt sich souverän im Gehörgang fest. Der Song lebt davon, Experimente oder Überraschungen gibt es keine.
Flöten leiten „Narrow path“ ein. Diese Folkelemente stehen dem AMORPHIS-Sound gut und zwar seit jeher. Nur könnten sie das meiner Meinung nach wieder wesentlich konsequenter durchziehen. Sonst schlürft der Song so vor sich hin. Refrain und Strophen wechseln sich (streng nach Lehrbuch) schön ab und auch sonst geht man sehr auf Nummer sicher. Positive Grundstimmung, tanzbare Melodien. So etwas hat man von AMORPHIS schon des Öfteren hören können. Kein Totalausfall, aber auch kein Grund für tosenden Beifall.
Der brachiale Anfang von „Hopeless days“ mit drückender Doublebass lässt mich da schon eher aufhorchen. Doch kurz ist das Vergnügen, schon vermiest uns ein zartes Pianostückchen und verletzlicher Klargesang etwas die Stimmung. Synthieschwaden ziehen im Hintergrund gemächlich ihre Kreise. Auf den markanten melodieverliebten Refrain muss man nicht allzu lange warten, auf Growls jedoch vergeblich. Man sieht sich hier einem ständigen Wechsel von aufschwellender Wucht und gediegener Atmosphäre ausgesetzt. Grundsätzlich alles nicht verkehrt, aber gerade von AMORPHIS doch schon oft genug intoniert.
Ich frage mich in dem Zusammenhang nun ernsthaft, wie bei den Jungs die Proben ablaufen. Die müssen sich doch mittlerweile langweilen immer das gleiche Muster abzududeln? Oder komponiert man bewusst so, um gar nicht erst Proben zu müssen? Pure Spekulation!
„Nightbird’s song“ wartet mit einem typischen Songanfang aus dem Fundus der Finnen auf und mausert sich zum kraftvollen Brett mit energiegeladenen teils keifenden Growls. Im Mittelteil erwartet den Zuhörer ein atmosphärischer Moment mit Flöteneinsatz. Aber trotzdem kommt man bei diesem Song auch nicht um den dominanten Refrain herum, der zum Ende hin auch noch etwas zu sehr ausgewalzt wird. Immerhin trotz allem mit eines der besten Stücke vom Album.
Mit „Into the abyss“ erfindet man sich ebenfalls nicht neu und setzt auf Bewährtes. Seichtes Keyboardgeplänkel, dazu passender Klargesang und Stakkatogitarren. Überlagert wird das alles wieder von einem melodischen Refrain. Grenzwertig ist aber das synthetisch verkleisterte Keyboardsolo. Nicht zu vergessen. Refrain, Refrain und nochmals Refrain.
Das können die doch verdammt noch mal besser. Was ist denn nur los mit denen?
Herrlich zähfließend bahnt sich „Enchanted by the moon“ seinen Weg. Im Wesentlichen basiert der Song auf dem Wechsel der hämmernden schleppenden Strophen mit fiesen Growls und dem positiv geladenen Refrain, welcher natürlich mit schmachtendem Klargesang zelebriert wird. Absolut nichts Neues im AMORPHIS-Universum.
Es wäre langsam mehr als angebracht, dass sie den alten abgenutzten Schnittmusterbogen endlich über Bord schmeißen und wieder ausm Bauch heraus komponieren, statt am Reißbrett zu entwerfen. Nur wer gibt Ihnen den nötigen Klaps auf den Hinterkopf?
Nochmal etwas Folkfeeling wird bei „A new day“ eingebettet. Sehr atmosphärische Strophen reihen sich an den mittlerweile AMORPHIS-typischen Schunkelrefrain. Ein weiteres Mal findet die Flöte im Klangbild Verwendung, dass sind Momente, die mir richtig Freude bereiten bevor im Outro noch kurz ein Saxophon erklingt.
Der erste Bonustrack ist mit „Dead man’s dream“ zugleich auch das schnellste Stück der Platte und zu recht nur auf der Ersatzbank zu finden. Druckvoll scheppernd mit Growls, Gekeife und dem obligatorischen Sing-Sang-Chorus. Der Tritt in die Weichteile kommt hier in Form eines absolut eklig klingenden Keyboardsounds im Soloteil. Pfui Deibel!
Als spezieller Bonustrack für die Vinyl-Pressung wurde „My future“ auserwählt und dabei hat die Band einen Fehler gemacht, denn der Song gehört meiner Meinung nach aufs reguläre Werk. Zwar handelt es sich dabei nicht um ein unverzichtbares Meisterwerk, schlägt aber einen Großteil des auf „Circle“ befindlichen Materials um Längen.
Seichter anschwellender atmosphärischer Anfang. Kurz blitzt eine an THE DOORS angelehnte Orgelklangfarbe auf. Die Melodieführung ist klassisch AMORPHIS, aber in der Strophe stehen sich Piano, Akustikgitarre und verzerrte Klampfen gegenüber und dies bietet eine schöne Klangtiefe. Drummer Jan geht sehr vielseitig und dynamisch über die Kessel. Selbst der Refrain ist nicht zu aufdringlich. Man schickt den Hörer durch verschiedene Passagen unterschiedlichster Stimmungen. Durchaus interessant. Einer der Höhepunkte des Albums findet also erst in der Verlängerung statt.
Fazit:
Auch wenn sich „Circle“ im Kleinen wieder etwas in eine positivere Richtung entwickelt hat, ist es doch irgendwie noch zu unausgegoren. Zu sehr spielt die Band auf Sicherheit und hängt in ihren eigenen Fußstapfen fest. In Ansätzen sind die Songs ja auch gut, nur möchte ich bitte nicht andauernd von diesen eingängigen Wohlfühlrefrains angefallen werden, nicht bei jedem Song! Das mag zwar eventuell der Akzeptanz bei einem breiteren Publikum zuträglich sein, verschleiert aber vollends die eigentlichen Qualitäten dieser Band.
Zudem haben sie mit Tomi Joutsen einen eigentlich wunderbaren grandiosen Sänger in ihren Reihen, der sowohl hammerharte Growls als auch gefühlvollen Klargesang problemlos bewältigen kann. Doch das Growlen findet viel zu selten statt, für meinen Geschmack. Dann kommt noch hinzu, dass er neuerdings im Klargesang irgendwie so einen weinerlichen Unterton entwickelt hat, was mir auf Dauer nicht so richtig schmeckt.
Wie gesagt, grundsätzlich kann man sich das neue Album durchaus anhören, wie die Vorgänger auch. Nur sind es eben keine Großtaten und die wirklich herausragenden Songs sind klar in der Minderzahl, der Rest ist leider nur mäßige Durchschnittskost.
Vielleicht sollten die Herren eine Kreativpause einlegen, um sich auf ihre Stärken zu konzentrieren und wieder mehr packende Zeugnisse der Tonkunst zu erschaffen.
Für mich bleibt also vorerst „Eclipse“ weiterhin das Referenzwerk der Joutsen-Ära.
Schade eigentlich!!
Anspieltipps: „Shades of grey“, „The wanderer“, „Nightbird’s song“, „My future”



Bewertung: 5 von 10 Punkten


Tracklist:

01.Shades of grey
02.Mission
03.The wanderer
04.Narrow path
05.Hopeless days
06.Nightbird’s song
07.Into the abyss
08.Enchanted by the moon
09.A new day
10.Dead man’s dream (Bonustrack)
11.My future (Bonustrack – vinyl only)


Besetzung:

Tomi Joutsen – Vocals
Esa Holopainen – Lead Guitars
Tomi Koivusaari – Rhythm Guitars
Niclas Etelävuori – Bass
Santeri Kallio – Keyboards
Jan Rechberger – Drums


Für die Freunde der physischen Tonträger:

Es gibt neben der Standard-CD noch eine Box mit CD (inklusive Bonustrack) und Bonus-DVD (mit „Making of“ etc.) und die Vinyl-Ausgabe mit 2 Bonustracks und Poster im Gatefold (erhältlich in diversen Farben) und die obligatorischen „Nuclear Blast-Mailorder-Edition“ Box-sets.